Kalamunda – Collie

21.08. – 01.09.2017, 12 Tage, 339+28 km, Gesamtstrecke: 339 km

Ich freute mich total, endlich wieder wandern gehen zu können, so dass mich das regnerische Wetter nicht von meiner guten Laune abbringen konnte.

Montag morgen war ich noch schnell beim Frisör – was sein muss, muss sein – und bin dann mit dem Bus von Perth nach Kalamunda gefahren.

Der Bus kämpfte sich auf den letzten Kilometern immer weiterden Berg hinauf, was ich sehr gut fand, dann musste ich das wenigstens nicht tippeln und konnte gleich oben anfangen.

Praktischerweise gibt es direkt auf der anderen Straßenseite vom Trailstart einen großen Supermarkt, in welchem ich meinen Proviant für die nächsten elf bis zwölf Tage einkaufen konnte.

So genau wusste ich gar nicht, wie lange ich bis Collie, der nächsten größeren Stadt, brauchen würde. Es waren cirka 330 Kilometer, aber notfalls kam zwischendurch noch Dwellingup, ein kleinerer Ort mit einem teuren Supermarkt, wo ich noch aufstocken konnte.

Im Gegensatz zu meinem ersten Thru-Hike eines Weitwanderweges habe ich dieses Mal die Vorbereitung auf ein Minimum beschränkt. Ich habe mir die Entfernungen zwischen den Resupply-Orten angesehen und wusste, dass es in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen Hütten samt Wassertanks geben würde.

Eine Karte hatte ich nicht, da ich für den gesamten Weg acht Karten hätte kaufen müssen und das war mir zu schwer und zu teuer. Der Weg selbst war gut ausgeschildert, das hatte ich gelesen.

Ich begann meine Wanderung standesgemäß mit einer Pause. Ich musste unbedingt noch das Glas Gurken alle machen, das konnte ich natürlich nicht mitschleppen. Danach folgten die obligatorischen Fotos und um viertel nach zwölf habe ich mich endlich auf den Weg gemacht.

Er begann als gepflegter und leicht zu laufender Parkweg durch die Grünflächen in Kalamunda. Und ich hatte Recht gehabt mit meiner Vermutung. Schon nach kurzer Zeit bot sich mir ein schöner Ausblick über ein weites Tal und ich stand auf der Höhe, ohne dass ich hochgelaufen war, das hatte der Bus freundlicherweise übernommen.

Der Weg schlängelte sich weiter durch den Wald und selbst als ich am Eingangsschild zum Kalamunda Nationalpark stand, hatte er immer noch Parkwegqualität, war also eben, fest, ohne größere Hindernisse.

Ich hatte vorher schon gehört, dass im Grunde der gesamte Bibb oder zumindest große Teile aus diesem gut und leicht zu laufenden Weg bestanden – in Deutschland wäre er auf jeden Fall ein Qualitätswanderweg geworden.

Ein paar Kilometer ging es dann doch über einen etwas rauheren, steinigen Pfad an einem Flusslauf entlang, runter und hoch und wieder runter, bevor es weiter auf breiten Forststraßen oder schmalen, ebenen Wegen entlang ging.

Es regnete zwischendurch immer mal wieder, aber nur leicht, so dass es mich nicht weiter störte und ich die Regenjacke nicht rauskramen musste.

Ich wollte heute noch ca. 20 Kilometer laufen, denn ich hatte dunkel in Erinnerung, dass dann eine Hütte kam.

Zunächst kam nach zwei Stunden erstmal eine Kamelfarm mit Kiosk, der zwar geschlossen hatte, aber die Toiletten waren offen und das reichte mir völlig.

Kurz danach kam die erste Hütte auf dem Trail, die Hewett’s Hill Hütte. Eine junge Frau und ein älterer Mann waren schon da und hatten sich für die Nacht eingerichtet. Das Mädel kam auch aus Deutschland, wie sich schnell herausstellte.

Der Mann hatte eine Karte dabei und ließ mich raufschauen. Ich hatte jetzt zehn Kilometer geschafft und die nächste Hütte war nochmal elf Kilometer entfernt. Da es erst fünfzehn Uhr war, sollte das zu schaffen sein.

Also füllte ich nur Wasser auf und ging weiter.

Um 17:30 Uhr tauchten die ersten Gebäude auf. Das war aber nicht die Hütte, die ich erreichen wollte…es stellte sich als ein ausgewachsener Zeltplatz heraus, der sogar einen Küchenplatz mit Strom hatte.

Dem konnte ich natürlich nicht wiederstehen, war doch Strom neben Wasser mit das wertvollste Gut auf dem Trail. Also baute ich mein neues Zelt auf und verbrachte die erste – sehr regnerische – Nacht auf dem Bibb.

Am nächsten Morgen erreichte ich die Ball Creek Hütte dann, sie lag noch zwei Kilometer entfernt. Heute ging es vormittags auch einige Berge hinauf, wobei sich der Anstieg immer in machbaren Grenzen hielt und noch bevor es schmerzhaft werden konnte, war man schon oben. Sehr sympathisch 🙂

Gegen zehn Uhr kam schon die Helena-Hütte, sehr malerisch am oberen Hang eines Berges gelegen mit toller Aussicht ins Tal. Ich machte nur kurz Pause und aß ein wenig Studentenfutter.

Auf einem der nächsten Anstiege überholte ich einen alten Mann, der einen riesigen und super schwer aussehenden Rucksack schleppte und nur langsam voran kam. Er berichtete, dass er alleine 12-14kg Essen dabei hat, weil er immer so großen Hunger hat.

Damit war er ein gutes, bzw. eher schlechtes Beispiel für die Gewichtsspirale, die sich immer weiter nach oben schraubt. Wenn man durch einen schweren Rucksack langsam voran kommt, muss man mehr Essen und Wasser mitnehmen, durch das Mehrgewicht kommt man aber noch langsamer voran, was noch mehr Essen und Wasser bedeutet…glücklicherweise kann man die Gewichtsspirale auch in die andere Richtung, also nach unten drehen – sonst würde es wohl auch nicht so viele Menschen geben, die Spaß am Wandern haben.

Immerhin konnte er berichten, dass die nächste Hütte cirka 3-4 km und die übernächste weitere acht Kilometer entfernt ist. Damit hatte ich für heute ausreichend Informationen und stiefelte weiter.

Es ging immer wieder breite Forstwege entlang und da man da nicht so auf den Weg achten muss, träumte ich vor mich hin und verpasste natürlich den richtigen Abzweig.

Nachdem ich 500 Meter zurückgelatscht bin, fand ich aber die Markierung, die mitten auf der Strecke scharf nach links in den Wald – und auf einen Berg – führte, und erklomm auch diese Anhöhe.

Oben wartete die Waleegh Hütte, die eine noch schönere Aussicht bot, als die Helena-Hütte. Hier machte ich Mittagspause und sammelte neue Kräfte für die letzten acht Kilometer.

Nach Auskunft des Mannes war dieser Abschnitt nicht mehr so schwer und hügelig wie der vorige und tatsächlich blieb der Weg überwiegend auf der Höhe, so dass er leicht zu gehen war.

Nach einer Wegkreuzung stank es plötzlich ganz fürchterlich…da hatte sich wohl jemand erleichtert, ohne genügend Abstand zum Weg einzuhalten und es zu verbuddeln…ich versuchte nur durch die Nase zu atmen und schnell weiterzukommen, aber der Gestank ließ nicht nach.

Irgendwann wurde es zwar ein wenig erträglicher, aber es roch immer noch unangenehm, obwohl ich schon ein ganzes Stück weitergelaufen warm und dann musste ich erkennen, dass es die Bäume um mich herum waren, die so stanken!

Na toll, das bedeutete, ich wurde jetzt öfter mit diesem unangenehmen Geruch konfrontiert und tatsächlich standen sie in den nächsten Tagen in schöner Regelmäßigkeit am Wegesrand und sonderten einen abscheulichen Geruch ab.

Ich schaffte es trotzdem bis zur Beraking Hütte, die ich gegen 17 Uhr erreichte. Megan war schon da. Ich hatte sie vorher noch nie getroffen, wusste aber aus den Trailbüchern, in die sich jeder Wanderer an jeder Hütte einträgt, dass sie vor mir ist.

Na toll, das bedeutete, ich wurde jetzt öfter mit diesem unangenehmen Geruch konfrontiert und tatsächlich standen sie in den nächsten Tagen in schöner Regelmäßigkeit am Wegesrand und sonderten einen abscheulichen Geruch ab.

Stinkepflanzen

Stinkepflanzen

Ich schaffte es trotzdem bis zur Beraking Hütte, die ich gegen 17 Uhr erreichte. Megan war schon da. Ich hatte sie vorher noch nie getroffen, wusste aber aus den Trailbüchern, in die sich jeder Wanderer an jeder Hütte einträgt, dass sie vor mir ist.

Ich baute mein Zelt auf und dann unterhielten wir uns natürlich hauptsächlich über den Trail. Als sie hörte, dass ich keine Karten habe, bot sie mir an, mir ihre Exceltabelle zu mailen, die sie angefertigt hatte. Wir befanden uns relativ weit oben am Berg und so gab es hier wirklich Internetempfang. Und die Tabelle ist super. Da es Megans erste lange Wanderung ist, hat sie sich darauf natürlich gut vorbereitet und so eine ausführliche Tabelle angelegt, wie ich sie für den TA hatte. Damit hatte ich alle Infos, die ich brauchte, nämlich insbesondere die Distanzen zwischen den einzelnen Hütten.

Der Bibbulmun Track war der einzige Wanderweg, den ich kannte, der nicht eine Längenangabe auf dem gesamten Weg bereit hielt…es gab nirgendwo Angaben, wie weit oder lang es noch bis zur nächsten Hütte oder Kreuzung oder so ist. Damit hatte ich natürlich gerechnet, so dass ich jetzt wirklich dankbar über die Infos von Megan war.

Am nächsten Morgen waren wir gleichzeitig startklar und liefen die ersten paar Kilometer gemeinsam. Megan war aber deutlich schneller als ich, so dass ich sie bald von dannen ziehen lassen musste. Vorher konnte sie mir aber noch einen Teil ihrer Geschichte erzählen.

Sie war Börsenmaklerin gewesen, hatte gutes Geld verdient und immer wenig ausgegeben und sich mit 42 Jahren zur Ruhe gesetzt. In den letzten acht Jahren war sie dann mit ihrem Fahrrad unterwegs und hat sich Australien und die Welt angesehen. Jetzt wo das Fahrrad kaputt war, wollte sie mal ausprobieren, ob ihr Wandern vielleicht auch Spaß machte und etwas für die nächsten Jahre sein könnte. Deswegen lief sie den Bibb.

Hmm…ich fand es immer wieder erstaunlich, was für interessante Leute man auf Reisen kennenlernt.

Ich komme durch eine Gegend, in der sich eine ganze Menge Kakadus niedergelassen haben. Es sind alles schwarze Kakadus, sowohl die bedrohten Rotschwanz- als auch Weißschwanzkakadus und sie machen einen ganz schönen Lärm. Es ist heute zwar trocken, aber zumindest jetzt am frühen Vormittag noch bewölkt, so dass keine guten Fotos entstehen.

Dann geht es den Mount Dale hinauf, aber mehr als ein kleiner Hügel ist das nicht so richtig und gegen zehn Uhr erreiche ich die gleichnamige Hütte.

Megan ist schon da und macht Frühstückspause. Sie muss sich ein wenig bremsen, da sie am Samstag an einer Straße mit einer Freundin verabredet ist, die ihr neues Essen vorbeibringt. Dadurch läuft sie heute nur noch bis zur acht Kilometer entfernten Brookton Hütte. Ich hingegen will noch eine Hütte weiter laufen.

Also mache ich mich wieder auf den Weg. Die acht Kilometer sind eben und verlaufen meistens auf breiten Forststraßen, weshalb ich gut voran komme.

An der Brookton Hütte, die relativ neu und feuersicher aus Steinen errichtet ist, mache ich Mittagspause. Kurz darauf kommt Megan und ist froh, mich nochmal zu treffen, sie dachte, ich bin schon wieder weg.

Wir verabschieden uns in dem Wissen, dass wir uns nun nicht mehr treffen werden.

Auch die letzten zehn Kilometer bewältige ich an diesem Tag noch und bin schon kurz nach 15 Uhr an der Canning Hütte. Ich bin abends allerdings immer total geschafft, meine Füße schmerzen und ich merke, dass ich noch nicht wieder in Topform bin. Ich kann nur hoffen, dass das mit fortschreitender Zeit besser wird.

Dafür habe ich die Hütte ganz für mich alleine und nehme das zum Anlass, das Zelt nicht aufzubauen, sondern in der Hütte zu schlafen. Auch mal schön, wenn es Nachts auch ein wenig kühl am Kopf ist.

Am nächsten Vormittag geht es erstmal 16 km nur Forststraßen entlang. Dadurch komme ich zwar zügig voran, aber es wird langsam langweilig, immer nur die breiten, flachen Straßen entlangzulatschen – und es ist Gift für meine Füße, die das gar nicht mögen und sich sofort mit einer Protestnote melden.

Zum Glück wird der Weg nach der Monadnocks Hütte wieder besser. Ein schmaler Pfad windet sich durch die Sträucher und führt langsam auf den ersten von zwei Gipfeln hinauf. Die Aussicht ist toll, rundherum ist alles grün so weit ich blicken kann.

Nach einem kurzen Abstieg geht es gleich den zweiten Berg hinauf. Danach bin ich um das Stück flache Strecke gar nicht mehr so traurig und erreiche nachmittags die Mount Cooke Hütte.

Hier mache ich aber nur Pause, fülle drei Liter Wasser auf und unterhalte mich kurz mit Jonn, einem 73-jährigen Wanderer, der auch den gesamten Weg läuft.

Dann mache ich mich aber wieder auf den Weg, ich möchte heute nämlich noch ein Stück laufen und dann unterwegs auf der Strecke zelten.

Also erklimme ich den dritten Gipfel für heute, Mount Cooke. Oben liegen jede Menge große, abgerundete Felskugeln herum, was an dieser Stelle einen ungewohnten Eindruck macht. Auch von diesem Gipfel habe ich einen schönen Rundumblick, bevor ich mich bei relativ starken Wind wieder an den Abstieg mache.

auf dem Gipfel von Mt. Cooke

Nach einem Waldstück geht es auf die Powerline Road, eine Schneise im Wald, auf der die Starkstromleitung entlangführt. Hier finde ich ein schönes Plätzchen für mein Zelt und kann endlich meine schmerzenden Füße hochlegen.

mein neues Zelt, das Tarptent Notch

Der nächste Tag beginnt wieder mit neun Kilometern nur Forststraße und meine Füße tun schon weh, als ich an der Nerang Hütte ankomme.

Daher ist die Anwesenheit von Helen und Adam eine willkommene Gelegenheit für eine etwas längere Pause. Ich scheine Adam geweckt zu haben, Helen schläft jedenfalls noch. Die beiden lassen es besonders ruhig angehen und sind mit die langsamsten auf dem Trail. Sie laufen jeden Tag nur eine Hütte und haben heute, am Freitag, schon wieder einen Ruhetag, nachdem ihr letzter erst Montag war.

Adam ist sehr interessiert an meinen Erzählungen vom TA. Außerdem übernehme ich durch mein höheres Tempo hier so etwas wie die Funktion eines Postmannes – alle erkundigen sich nach diesem oder jenem, ob ich eine bestimmte Person getroffen habe, wo sie gerade ist und wann sie wohl hier eintreffen wird. Ich versuche so gut es geht Auskunft zu geben und so bleibe ich eine halbe Stunde dort sitzen, bevor ich endlich weiterlaufe.

Auf dem weiteren Weg treffe ich dann auf Pierre, der am Wegesrand sitzt und seinen Wanderstiefel klebt. Auch mit ihm unterhalte ich mich eine ganze Weile. Er ist Kanadier, der jetzt in Coffs Harbour an der Ostküste Australiens lebt und die großen Deutschen des 19. Jhs mag, zum Beispiel liest er wohl viel von Schopenhauer und Hegel, mag aber auch Bach sehr gerne.

Ich scheine heute meinen kommunikativen Tag zu haben, dabei will ich auch heute wieder um die 35km laufen. Also gehe ich irgendwann weiter und freue mich, dass es auch Menschen gibt, die den positiven Teil der deutschen Geschichte in Erinnerung haben.

Der Weg bleibt bis zur Gringer Creek Hut eben und leicht zu laufen. Danach geht es den Boonering Hill hinauf und am anderen Ende suche ich mir ein nettes Plätzchen zum Übernachten.

Am nächsten Morgen laufe ich die verbleibenden vier Kilometer bis zur White Horse Hill Hütte und bin heilfroh, das nicht doch noch gestern abend versucht zu haben. Es geht nämlich nochmal über einen kleinen Berg und das hätte ich gestern nicht mehr geschafft.

Heute ist es bewölkt aber trocken, so dass es zum Wandern ganz angenehm ist. Und auf dem Anstieg zum White Horse Hill stehen ganz viele gelb und weiß blühende Pflanzen, sieht trotz des trüben Wetters richtig frühlingshaft aus.

Um Punkt zwölf Uhr erreiche ich die Mt. Wells Hütte auf dem gleichnamigen Berg. Sie steht neben einem hohen, nicht mehr aktiven Sendemast und ist komplett geschlossen mit zwei Schlafräumen. Hier haben es sich Shoane und Ihr Sohn Remiel für einen Ruhetag gemütlich gemacht. Er ist neun Jahre alt und sie laufen auch den gesamten Bibbulmun Track.

Außerdem treffe ich hier auf Ken und Jane aus Arizona. Als ich in Kalamunda losgegangen bin, waren sie noch vier Tage vor mir. Die Nacht haben wir zusammen an der Chadoora Hütte verbracht, dazwischen mussten aber noch 16 km Forststraße überwunden werden, was unseren Füßen überhaupt nicht gut tat.

An der Chadoora Hütte war richtig viel los, kein Wunder, heute war Samstag und es gab jede Menge Wochenendwanderer. Ich baute mein Zelt auf einem der letzten freien Plätze auf und freute mich auf den nächsten Tag, da würde ich nämlich Dwellingup erreichen.

Und die Strecke bis in den kleinen Ort war nochmal richtig schön. Es ging lange an einem Bahngleis entlang und an den Seiten fochten die Sträucher und Bäume einen energischen Kampf darüber aus, wer das duftendste und leuchtendste Kleid an hatte.

Die Insekten und Schmetterlinge sausten umher und es hätte ein perfekter Spätfrühlingstag sein können – wenn es hier nicht gerade tiefster Winter gewesen wäre…also die Australier stehen vielleicht nicht auf dem Kopf, aber so ganz normal geht es hier dann doch nicht zu 😉

Mittags laufe ich in Dwellingup ein und steuere sofort die Touristeninformation an. Hier kann ich nicht nur mein Handy aufladen, sondern es gibt auch kostenlose Duschen! Zwar nur mit kaltem Wasser, aber auch damit werde ich sauber und wasche gleich noch ein paar Klamotten unter der Dusche.

Frisch gesäubert spaziere ich durch das klein, nette Örtchen, welches ein beliebter Treffpunkt für Motorradfahrer zu sein scheint und kehre im Roadhouse ein, wo ich in einem bezaubernden Speisezimmer einen fantastischen, großen Burger einatme.

Katrin ist gluecklich

Mein Proviant reicht natürlich noch aus, so dass ich nichts dazu kaufen muss, aber ich gönne mir noch ein Eis und eine Orange, die ich auf dem Rückweg zur Info esse.

Trotz des vollen Magens laufe ich nachmittags noch 13 km weiter und erreiche die Swamp Oak Hütte, die ich ganz für mich alleine habe, so dass ich das Zelt nicht aufstellen muss.

Da ich bis jetzt ganz schön viel gelaufen bin und noch keine richtige Pause hatte, will ich mal einen kurzen Tag einschieben. Bis zur nächsten Hütte sind es zwanzig Kilometer und das soll für heute reichen.

Also schlafe ich eine halbe Stunde länger und mache mich ganz entspannt auf den Weg.

Nachdem ich auf dem flachen Wegstück die tägliche Portion Spinnenweben eingesammelt habe, geht es bergan. Ich habe ja kein Höhenprofil und muss mich immer überraschen lassen, was so als nächstes ansteht.

Heute sind es gleich mehrere Berge. Zwar alle wie üblich machbar, aber alleine durch die Menge bin ich ganz schön ins Schwitzen gekommen. In den Tälern ging es immer wieder auf kleinen Holzbrücken über die Flussläufe und alles in allem war es eine schöne Strecke.

An einer Stelle, wo mal wieder einige Bäume quer über den Weg gestürzt waren, verlief ich mich kurz und landete in einer Sackgasse, aber zurück an der Kreuzung, prangte die schwarze Schlange auf gelbem Grund direkt vor meinen Augen und ich konnte weiterwandern.

Nach meinen Berechnungen sollte ich spätestens um halb eins die Murray Hütte erreichen und einen halben Ruhetag genießen können.

Um halb eins war aber noch keine Hütte in Sicht…gut, es war immer noch sehr bergig und ich war heute nicht sehr schnell unterwegs, aber um eins war ich immer noch nicht am Ziel…meine Füße taten natürlich weh und Mittagspause wollte ich auch langsam machen, was war hier nur los?

Als ich um vierzehn Uhr immer noch nicht an der Hütte war, war ich davon überzeugt, dass ich sie verpasst haben musste, auch wenn das eigentlich nicht so richtig möglich war. Ich hatte zwar Podcasts gehört, aber geschlafen hatte ich ja nun nicht.

Die nächste Hütte war nochmal zwanzig Kilometer entfernt, das würde ich heute nicht mehr schaffen wollen und jetzt brauchte ich auch erstmal neues Wasser.

Kurz darauf sehe ich die Hütte in den Bäumen auftauchen. Häh? Na da war ich ja jetzt gespannt, welche Hütte das war und ob sie vielleicht versetzt wurde, wegen einem Feuer oder so, denn dass ich sieben Stunden für zwanzig Kilometer gebraucht habe, das war unmöglich.

Neugierig laufe ich die letzten Meter und sehe zwei Wanderer vor der Hütte, die mich sehr an Ken und Jane erinnern, aber wie sollten die schon hier sein? Sie hatten in Dwellingup übernachtet.

Ich stapfe weiter und kann endlich den Hüttennamen lesen: Swamp Oak

Leute, ich habe noch nie Drogen genommen, aber in diesem Moment war ich zwei Sekunden auf einem Trip…

Die Hütte, der Schriftzug und die beiden Wanderer verschwammen vor meinen Augen, ich habe alles wiedererkannt und mich sieben Stunden in der Zeit zurückversetzt gefühlt.

Hier war ich heute morgen, hier bin ich vor sieben Stunden losgelaufen – was mache ich hier?!?!?

Genau diese Frage stellte mir in dem Augenblick auch Ken, der auf mich zugelaufen kam. Ich konnte ihn nur mit offenem Mund und verwirrtem Blick anstarren, den Kopf schütteln und musste mich erstmal hinsetzen.

Was mache ich hier? Ich bin den ganzen Tag gelaufen, immer den Markierungen hinterher, wie konnte das passieren?

Ich musste irgendwo umgedreht und den ganzen Weg wieder zurückgelaufen sein! Es dauerte noch den ganzen Nachmittag bis ich rekonstruiert hatte, dass das an der Stelle passiert sein musste, wo ich mich kurz verlaufen hatte. Das bedeutete, ich war nach vierzehn Kilometern umgekehrt und hatte damit einen ganzen Tag verloren…

Abends hatte ich meine Fassung einigermaßen wiedergewonnen und wir hatten einen netten Abend am Lagerfeuer.

Ken beschwerte sich darüber, dass er seit Trump’s Wahlsieg ständig auf ihn angesprochen wurde. Und tatsächlich kam man mit jedem Amerikaner schnell auf dieses Thema, obwohl ich bisher ausschließlich Demokraten getroffen habe, die alle mehr als unglücklich mit der Situation waren.

Ich konnte nur antworten, dass das damals bei George W. Bush genauso war und es damals auch sehr viele US-Bands gegeben hatte, die ein Lied gegen Bush im Gepäck hatten. Und schon waren wir bei Musik und stellten erfreut fest, dass wir den gleichen Musikgeschmack hatten.

Am nächsten Morgen machte ich mich also nochmal auf den Weg, die Murray Hütte zu suchen. Ich schärfte Ken und Jane, die etwas später starten wollten, ein, dass sie mich unbedingt aufhalten müssten, sollte ich ihnen entgegen kommen und sie versprachen es mir.

Heute waren die Spinnweben besonders nervig, war ich doch schon gestern an denselben Viechern vorbeigelaufen.

Ich verzichtete auf Podcasts, konzentrierte mich auf den Weg und lief ziemlich zügig zunächst die lange Forststraße entlang und dann über drei Berge hinweg. Toll, die war ich gestern alle wieder zurückgelaufen! Ach menno…

Nach einem weiteren flachen Stück kam der vierte Anstieg und die berüchtigte Kreuzung mit den umgestürzten Bäumen. Heute war mir natürlich sofort klar, wo es weiterging, aber ich konnte gut rekonstruieren, wie es gestern zu dem Irrtum kommen konnte.

Ich legte eine kurze Gedenkpause ein und machte dann, dass ich weiterkam.

Sechs Kilometer später stand ich an der Murray Hütte, die wunderschön am gleichnamigen Fluss stand und auch gut für eine Übernachtung geeignet gewesen

So mache ich aber nur Mittagspause und laufe dann weiter. Es geht jetzt immer am Flussufer entlang, durch ein Meer an Pflanzen, die unseren Brennnesseln ähnlich sehen, aber zum Glück nicht brennen.

Obwohl ich insgesamt knapp 39 km laufe, komme ich schon um zehn nach vier an der Dookanelly Hütte an. Auch hier bin ich wieder alleine und wenn ich mir das Trailbuch so anschaue, wird das auch erstmal so bleiben.

Zumindest ist niemand mehr direkt vor mir, der nächste Thru-Hiker hat sechs Tage Vorsprung. Wer mir entgegenkommt weiß ich natürlich nicht, aber bis jetzt kam da auch nur ein Wanderer.

In der Nacht höre ich ein leises, rhythmisches Geräusch, kann es aber nicht einordnen. Klingt wie eine Maschine oder so was…am nächsten Vormittag löse ich das Rätsel.

Nachdem ich wieder lange über Forstwege durch gelb blühende Landschaften gelaufen bin und immer dieses Geräusch gehört habe, wird es irgendwann lauter und dann stehe ich vor dem Förderband, welches den Lärm verursacht.

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Auf dem Band, welches sich kilometerlang durch die Landschaft schlängelt, wird Bauxit aus der Miene in die Raffinerie transportiert, wo es zu Aluminium verarbeitet wird. Das kann ich den Infoschildern entnehmen, die an der Stelle stehen, wo der Bibb direkt unter dem Förderband hindurchführt.

Danach geht es wieder einen kleinen Anstieg hoch und über eine nicht asphaltierte Straße und dann müsste auch schon bald die Possum Springs Hut kommen. Kommt sie aber nicht.

Ich versuche ruhig zu bleiben und checke alles ab – in die falsche Richtung laufe ich jedenfalls nicht. Eine gute halbe Stunde später kommt die Hüte dann endlich. Wahrscheinlich ist die Strecke aufgrund der neuen Wegführung über eine neue Brücke etwas länger als 20 Kilometer.

Nachmittags können mich auch die duftenden, gelben Blumen und niedlichen, weghüpfenden Wallabys nicht mehr davon ablenken, dass es weiter über Forststraßen geht und nicht nur langweilig, sondern auch sehr schmerzhaft ist.

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laaangweilig!

Kurz nach siebzehn Uhr bin ich an der Yourdamung Hütte, wo Stuart bereits sein UL-Zelt aufgebaut hat. Er geht in Richtung Norden und wir haben einen netten Abend.

Nachts regnet es und hört auch morgens nicht auf. Es ist aber eher Niesel und so mache ich mich wieder auf den Weg. Es sind noch ca. 37 km bis nach Collie, einer etwas größeren Ortschaft. Ich will heute abend kurz davor zelten und morgen früh reinlaufen und einen Ruhetag einlegen.

Als ich aber an der letzten Hütte vor Collie, der Harris Dam Hütte durchrechne, dass ich schon kurz nach vierzehn Uhr Halt machen müsste, ändere ich den Plan. Das macht ja keinen Sinn, einen halben Tag im Zelt rumzuhängen, also laufe ich bis nach Collie.

Ab Mittags klart es endlich auf und ich werde wieder trocken. Ich komme am Harris Damm vorbei und gegen halb vier erreiche ich die Touristeninfo von Collie.

Jetzt muss ich nur noch über einen Hügel in der Stadt laufen, bevor ich endlich mein Zelt im Caravanpark aufstellen kann. Da Bibbulmun Wanderer einen Rabatt erhalten, zahle ich nur 20 Dollar pro Nacht, was für die Gegend hier sehr günstig ist.

Nach einer kurzen Pause humpel ich nochmal zum Supermarkt. Meine Füße tun jetzt richtig, richtig weh, dabei schleppe ich doch gar keinen Rucksack mehr…

Ich stütze mich auf den Einkaufswagen und stelle erstaunt fest, dass ich gar keinen Appetit auf Süßigkeiten habe! Ich scheine krank zu sein 😉 jedenfalls halte ich mich stark zurück, kaufe nur die Zutaten für Spaghetti Bolognese, Joghurt fürs Frühstück und zwei Packungen TimTams sowie eine große Packung Eis.

Aber keine Schokolade, und das obwohl – oder weil?- ich keinerlei Schokolade während der Wanderung esse.

Abends koche ich die Spaghetti, die super lecker sind und dann schlafe ich tief und fest auf dem weichen Rasen des Zeltplatzes.

Damit bin ich in zehneinhalb Tagen 367 km gelaufen, wenn ich die 28km-Doppelrunde mitzähle – nicht schlecht, dürfte neuer Geschwindigkeitsrekord sein, wobei das bei dem einfachen Weg jetzt auch nicht so die Kunst ist.

Den heutigen Ruhetag habe ich fast komplett auf der Couch im Aufenthaltsraum verbracht. Was zum einen am Wetter liegt – Regen, Sturm und Sonnenschein wechseln im zehn Minuten Rhythmus.

Zum anderen brauche ich mit der nicht funktionierenden App hier eeeeeewig, um den Text zu schreiben und das ist nicht übertrieben. Ich bin heilfroh, dass ich endlich fertig bin…fix und fertig…

2 Gedanken zu “Kalamunda – Collie

  1. Karin und Uwe Hix schreibt:
    Avatar von Karin und Uwe Hix

    Hallo, man hätte bei den guten Wegen vielleicht ein Klappfahrad gebrauchen können? Übertreibe nicht die Geschwindigkeit, sonst bekommst du noch eine Medaille für „“langsames laufen““!?! Viel Glück und wenige Schmerzen. MP

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