Blue Mountains

23.05. – 27.05.2017

Ich hätte noch deutlich länger in Sydney bleiben können, wirklich eine wunderbar entspannte, schöne Stadt. Aber unbegrenzt war mein Zeitkontingent nun auch nicht und ich hatte erst einen kleinen Teil des Landes umrundet. Also frühstückte ich ein letztes Mal am Ufer mit Blick auf die Skyline, duschte nochmal – wer weiß, wann ich wieder in den Genuss kommen würde – und bahnte mir meinen Weg auf dem Highway einmal durch Sydney hindurch.

Auf dem Weg zu den Blue Mountains, die gute 100 Kilometer westlich der Stadt liegen, machte ich am Koala Sanctuary Park Halt. Da die kleinen Fellwuschel nachtaktiv sind, ungefähr 18 – 20 Stunden pro Tag schlafen und das auch noch weit oben in den Baumwipfeln, sah ich ein, dass es für mich so gut wie unmöglich ist, sie in freier Wildbahn anzutreffen. Also besuchte ich die drei Kameraden in dem Park, der als einer der ersten Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Zucht der Koalas begonnen hatte, um ein Aussterben durch den damals sehr aktiven Fellhandel zu verhindern (wobei ich bei dem zugehörigen Vortrag lernte, dass Koalas gar kein Fell, sondern Haare haben…wo der Unterschied liegt, weiß ich nicht – Eure Chance einen klugen Kommentar abzugeben 😉 ).

Selfie-Time

Der kleine Zoo war aber relativ enttäuschend, da er zu der Art gehörte, die einen eher von weiteren Zoobesuchen abhalten, da die Tiere in zu kleinen Gehegen ohne ausreichende Beschäftigungsmöglichkeiten untergebracht sind. Ich konnte bei dem Anblick der wirklich, wirklich knuffigen Koalas – die natürlich mit den ebenso knuffigen Wombats verwandt sind – aber dann doch nicht wiederstehen und habe das Angebot genutzt, einen zu streicheln…

Nach der Besichtigung der anderen Tiere – Kängurus, Emus, Dingos, Wallabys etc. bin ich dann aber zügig weitergefahren, wie gesagt, ein tolles Gefühl hatte ich beim Anblick der Tiere nicht.

Ich steuere die Touristeninformation in Glenbrook an, um mir Kartenmaterial und Infos zu möglichen Wanderrouten in den Blue Mountains zu beschaffen. Der Mitarbeiter fragt, wie lange ich hier sein werde – vier Tage, oh das ist super und ausreichend Zeit um mir alles anzusehen. Anstatt dann aber zu fragen, was ich denn machen möchte, zückt er eine Zeitschrift, die einen groben Lageplan der Ortschaften in den Blue Mountains enthält und malt dort routiniert Striche, kringelt Punkte ein, nummeriert alles durch und erklärt mir währenddessen, was ich mir alles ansehen muss (Wasserfälle, Höhlen, botanischer Garten) und in welcher Reihenfolge. Ich stehe staunend davor, brauche ein paar Sekunden und wage es dann, ihn während einer Atempause zu unterbrechen und anzumerken, dass ich gerne eine Mehrtageswanderung machen würde. Er zögert noch nicht mal, sondern sagt sofort: „Ja, das kann ich Ihnen danach erklären, jetzt zeige ich Ihnen erstmal, was Sie sich ansehen müssen!“ und malt weiter fleißig Nummern auf den Plan und verbindet sie miteinander…ich bin sprachlos und leicht genervt…zumal er ausschließlich die Hauptattraktionen aufschreibt, die in jedem Reiseführer vermerkt sind und an einem Tag abgefahren werden können.

Als er endlich mit seinem Vortrag fertig ist, versuche ich aus ihm herauszubekommen, welche Mehrtageswanderungen es gibt. Es stellt sich heraus, dass es nur zwei Routen gibt. Diese können verbunden werden, so dass man wenigstens einen 40km langen Rundweg hat, aber grundsätzlich sind längere Wanderungen hier nicht so angesagt, hauptsächlich gibt es Tageswanderungen und kurze Spaziergänge.

Durch hartnäckiges Nachfragen gelingt es mir, wenigstens die allernotwendigstens Infos aus dem Kerl herauszubekommen und eine Wanderkarte zu erstehen. Da sich die Sonne bereits dem Horizont nähert, steuere ich einen Rastplatz am Highway an, auf welchem man offiziell übernachten darf. Morgen wird endlich wieder gewandert und ich freue mich darauf.

Ich habe mir vorgenommen, die 40km-Runde mit zwei Übernachtungen zu laufen, so dass ich es richtig gemütlich angehen kann und ausreichend Zeit für Fotos und Pausen habe. Eine richtige Runde ist es auch gar nicht, da ich nicht zum Ausgangspunkt zurückkomme, also fahre ich am nächsten Morgen nach Blackheath, stelle mein Auto dort am Bahnhof ab und fahre eine Station mit dem Zug nach Mount Victoria. Am Ende werde ich in Blackheath rauskommen und dann habe ich das Auto gleich da.

Ich schultere meinen Rucksack und suche die Straße, die zum Beginn des Wanderweges führt…finde sie aber trotz meiner Karte nicht. Ich laufe am Highway entlang, irgendwo links muss die Straße abgehen, aber bis auf einen kleinen, unmarkierten Abzweig gibt es nichts…dabei geht es da zu ein Aussichtspunkt, das wird ja wohl dranstehen? Irgendwann gibt es keinen richtigen Seitenstreifen mehr, ich laufe knapp neben den LKW und Autos entlang und fühle mich in die TA-Zeit zurückversetzt. Damals wusste ich aber wenigstens, dass ich wirklich an der Straße entlanglaufen soll.

Am nächsten Hinweisschild wird klar, dass ich schon viel zu weit bin *grrr* also alles wieder zurück. Und da mir zwischenzeitlich eingefallen ist, dass ich vergessen habe mich am Bahnhof auszuloggen und somit ein viel zu hoher Fahrpreis von meiner Karte abgezogen wird, laufe ich wirklich alles zurück, logge mich aus und fange von vorne an. Das geht ja gut los – sooo entspannt wollte ich die 40km nun auch nicht angehen…

Beim zweiten Versuch gleiche ich die Karte unablässig mit der Gegend ab und komme zu dem Schluss, dass der kleine Abzweig, den ich vorhin nicht ernst genommen habe, die gesuchte Straße sein muss. Und als ich über den Highway gehe und mir die Straße genauer ansehe, finde ich auch das Schild mit dem Straßennamen – es liegt auf der Erde, weil sich dort eine Baustelle befindet. Ansonsten gibt es aber keinerlei Hinweise auf den Aussichtspunkt… wie soll man das denn mit dem Auto finden?

Egal, ich bin richtig und wandere die sieben Kilometer Schotterstraße entlang. Es geht durch dichten, niedrigen Eukalyptuswald und zum Ende hin kann ich schon ab und zu durch die Zweige hindurchlugen und erkennen, dass ich mich auf einem Hochplateau befinde und die Landschaft rundherum abfällt.

An dem Aussichtspunkt habe ich dann den beeindruckenden Blick über die Tafelberge der Blue Mountains, für die sie so berühmt sind – und es sieht wirklich fantastisch aus!

Victoria Falls Lookout, Blue Mountains

Auf dem Parkplatz steht natürlich kein Auto, findet ja niemand, und ich habe die Gegend ganz für mich allein.
Also mache ich mich an den Abstieg ins Tal. Es geht sehr steil hinab, größtenteils aber über Stufen, so dass ich gut vorankomme. Zunächst geht es an den Silber Cascades vorbei. Und dann erreiche ich die Wasserfälle aus einer mir bis dato unbekannten Perspektive – ich stehe nämlich oben am Beginn des Wasserfalls. Der aktuell niedrige Wasserspiegel erlaubt es, dass ich im Flussbett bis vor an die Kante gehen kann, wo sich das Wasser in die Tiefe stürzt. Meine Höhenangst meldet dann aber doch Bedenken an und ich halte einen gesunden Abstand zur Kante ein. Der Wanderweg führt weiter ins Tal und dann stehe ich am unteren Ende des Wasserfalls und kann ihn von dort bestaunen. Schön, das mal von beiden Seiten zu sehen!

Victoria Falls von oben

Victoria Falls von unten

Ich muss heute nur noch zwei Kilometer durch den dichten Wald in dem Tal laufen, bevor ich den Zeltplatz erreiche. Wobei es der Weg doch ganz schön in sich hat und ich oft über umgestürzte Bäume klettern oder durch stachliges Gestrüpp laufen muss. Da der nächste Zeltplatz erst zehn Kilometer weiter ist und ich nicht weiß, wie sich die Strecke läuft, mache ich heute lieber früh Feierabend und schlage schon gegen 14 Uhr mein Zelt auf. Auch hier ist niemand und ich muss den schönen Platz am Fluss nur mit den Tieren des Waldes teilen…bei beginnender Dämmerung gehe ich noch ein paar Schritte, aber ich treffe keine größeren Tiere an, geschweige denn, dass ich Koalas in den Bäumen sehen würde. Also lege ich mich in mein Zelt und versuche die große Ameise zu vergessen, die ebenfalls ins Innere gekrabbelt ist – ich sollte mir wirklich mal ein neues Zelt zulegen, das ich wieder verschließen kann…
Am nächsten Tag wandere ich zunächst durch die Grose Schlucht immer am Fluss entlang. Wobei auch dieser Weg mehr zugewuchert als gut begehbar und meine Hose nach wenigen Kilometern pitschnass ist, weil die Pflanzen alle gegen die Beine schlagen. Und wie auch schon im Wilsons Promontory NP begleitet mich auch hier in den Blue Mountains ständig die Angst vor giftigen Spinnen oder Schlangen, die hier garantiert hinter jedem Busch und unter jedem Blatt lauern und mich im nächsten Moment anspringen und zubeißen. Ich versuche mir einzureden, dass es schon nicht so gefährlich sein wird, aber ich kann mich selten ganz davor befreien, mit einem mulmigen Gefühl durch das Dickicht zu streifen und das ärgert mich irgendwie, kann ich doch die wunderbare Natur nicht uneingeschränkt genießen. Dabei habe ich extra meinen PLB dabei (Notfallsender), wie es der Typ im Infobüro auch verlangt hat, und wenn ich das richtig verstanden habe ist das Notfallsystem in Australien so gut aufgebaut, dass der Hubschrauber eigentlich überall innerhalb von 45 Minuten eintrifft und eine bunte und umfangreiche Mischung an hilfreichen Gegengiften mitbringt. Also kein Grund zur Sorge…rational gesehen.

Nach ca. neun Kilometern beginnt dann der Blue Gum Forest, eine Ansammlung riesiger Eukalyptusbäume und ab hier wird der Weg besser, da er Teil der stärker frequentierten Tagesrundwege ist. Hier treffe ich auch auf die ersten anderen Menschen seit meinem Start gestern.

Blue Gum Forest, Blue Mountains

Ich passiere den zweiten Zeltplatz und laufe nun die Govett Schlucht entlang. Die Wegfindung ist an einigen Stellen sehr anspruchsvoll und ohne die Karte hätte ich ihn nicht gefunden, aber dank meiner phänomenalen Kartenlesefähigkeiten gelingt es mir tatsächlich ohne Umwege bis zum sogenannten Grand Canon zu gelangen. Dort stelle ich plötzlich fest, dass mein Trekkingstock fehlt. Treue Leser dieses Blogs wissen, dass ich den ersten schon vor langer Zeit kaputt entsorgt habe und auch der zweite nur noch sehr eingeschränkt und ausschließlich zum Zeltaufbauen funktioniert. Aber dafür benötige ich ihn unbedingt. Ich hatte ihn heute immer wieder in der Hand getragen, weil er ansonsten immer im Gestrüpp hängen blieb. Jetzt steckt er aber nicht im Rucksack, in der Hand halte ich ihn aber auch nicht. Mist, habe ich ihn irgendwo verloren? Ist er doch aus dem Rucksack rausgerissen worden? Ich gehe in Gedanken den Weg zurück und versuche mich zu erinnern, wann ich den Stock das letzte Mal bewusst wahrgenommen habe…bei meiner letzten Pause hatte ich ihn rechts neben mich an den Baumstamm gelehnt – der Rucksack stand links und der Weg ging auch links weiter…der Trekkingstock lehnt immer noch an dem Baumstamm…toll! Das ist cirka drei Kilometer entfernt…ach nö, das latsche ich jetzt nicht alles zurück! Nicht für diesen kaputten Stock, dann muss ich mir eben einen stabilen Ast zum Zeltaufbauen suchen…also gehe ich weiter und überarbeite meine Routenplanung nochmal. Anstatt noch eine zweite Nacht im Zelt zu verbringen, werde ich heute einfach direkt bis zum Auto zurücklaufen. Das ist kein so großer Unterschied, da ich ganz in der Nähe von Blackheath übernachtet hätte und morgen nur parallel zum Ort gelaufen wäre.

Im Grand Canon beginnt der Aufstieg aus der Schlucht auf die Tafelberge. Auch hier gibt es Stufen, die die Anstrengung ein wenig lindern, dennoch komme ich komplett durchgeschwitzt und atemlos oben an. Immerhin rechtzeitig, um den Polizeihubschrauber zu sehen, der intensiv über der Schlucht kreist und jemanden zu suchen scheint…hmmm..hoffentlich finden sie ihn schnell.

Polizeihubschrauber auf der Suche

Ich laufe den Cliff Top Track entlang und müsste dann noch gute vier Kilometer Straße bis zum Bahnhof latschen, werde aber glücklicherweise von zwei Touristen mitgenommen. So bin ich zum Sonnenuntergang am Auto und ca. 24km in den zwei Tagen gewandert. 

Am nächsten Tag besuche ich dann die bekannteste Sehenswürdigkeit der Blue Mountains, die Felsformation „Three Sisters“ und insbesondere der Ausblick über das weite Tal ist wirklich absolut beeindruckend.

Ich laufe den Prince Henry Cliff Walk, der wirklich wunderschön ist. Er führt von den Leuna Falls immer oben am Rand des Tals entlang, schön im Schatten der Bäume und alle paar Meter kommt ein Aussichtspunkt. Dadurch komme ich direkt zu den Three Sisters und kann über eine kleine Brücke die erste Felsnadel betreten…meine Höhenangst hält sich in erfreulichen Grenzen, vielleicht wird es langsam besser? Ich folge dem Prince Henry Cliff Walk noch bis zu den Katoomba Falls und spaziere von dort in den gleichnamigen Ort, um mir diesen anzusehen. Zum Sonnenuntergang stehe ich wieder bei den Three Sisters, weil dann das Licht am Schönsten ist.

Three Sisters, Blue Mountains

Am Samstag fahre ich dann nochmal zurück nach Sydney (siehe vorheriger Bericht) und am Sonntag gehts dann weiter in Richtung Norden.

5 Gedanken zu “Blue Mountains

  1. Bullenstaat schreibt:
    Avatar von Unbekannt

    Hm, welche Beschäftigungsmöglichkeiten braucht denn so ein Koala, wenn er 18 Stunden am Tag schläft und den Rest der Zeit frisst? Haarpflege? (Wo der arme Kerl doch kein Fell (also mehr als 400 Haare pro Quadratzentimeter) hat?).

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    • Katrin schreibt:
      Avatar von Katrin

      Na zumindest ab und zu mal ein anderer Baum wäre ja schon schön…würde ich zumindest so sagen…und die sind wohl – wenn sie nachts dann mal wach sind – gar nicht so langsam unterwegs!

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    • Bullenstaat schreibt:
      Avatar von Unbekannt

      Wobei „Haare“ eigentlich bei unter 50 Haaren pro Quadratzentimeter anfängt, das kann ich mir bei den Wollknäueln eigentlich nicht vorstellen, das wird eher ein Pelz (> 400 Haare/cm²) sein. Im Englischen ist eigentlich beides ‚fur‘ und es spannen sich interessante Online-Diskussionen um die „richtige“ Übersetzung.

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      • Katrin schreibt:
        Avatar von Katrin

        Nix Übersetzung…der Tierpfleger in dem Zoo hatte das erzählt – auf englisch natürlich…oder es stand da auf der Tafel oder so…na ist ja auch egal, sie sind super weich, wenn man sie anfasst und sie wurden früher gejagt und zu tausenden abgeschlachtet…

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