Christchurch – Auckland

25. 04. – 01.05.2017

Ein letztes Mal trampe ich in Neuseeland, von Oamaru nach Christchurch. Und auch dieses Mal komme ich mit sehr interessanten Menschen in Kontakt. Die erste Dame, die mich mitnimmt, ist komplett in rosa gekleidet, fährt einen Rover, der ebenfalls in grellen rötlichen Farben leuchtet und hat einen kleinen flauschigen Hund auf der Rückbank. Wieso gibt es eigentlich auf der ganzen Welt dieselben Stereotypen? 

Der letzte Monat, in welchem ich mich ausschließlich als Anhalter durch Neuseeland bewegt habe, war genau aus diesem Grund total interessant und lehrreich. Ich habe viel von den verschiedenen Fahrern erfahren und konnte selbst natürlich auch eine Menge erzählen und so meine mittelmäßigen Englischkenntnisse anwenden.

Botanischer Garten Christchurch

Ein sehr symphatischer Weinbauer hatte mich zum Beispiel gefragt, was ich am Überraschendsten an Neuseeland fand. Ich musste erst eine Weile nachdenken, bevor mir etwas einfiel. Die unvoreingenommene Aufgeschlossenheit und Freundlichkeit der Kiwis war etwas, das ich in dieser Intensität nicht erwartet hatte. Die Kiwis sehen wirklich in jedem Fremden zunächst einen anderen, freundlichen Menschen, dem man mit Gastfreundschaft und Hilfsangeboten begegnet. Keine Spur von Misstrauen oder gar Abwehrhaltung, von wegen „das ist mein Grundstück, such Dir was anderes“. Den Kiwis liegt es aufrichtig im Blut, nett zu fremden Menschen zu sein und ich konnte jedesmal, wenn ich solch ein Hilfsangebot annahm merken, dass nicht nur ich, sondern auch der Kiwi davon profitierte, indem er sich genauso freute wie ich mich und er damit auch einen glücklichen Tag hatte…so nahm mich einmal eine Frau mit nach Nelson, die dort einen wichtigen Termin hatte und relativ spät dran war…trotzdem hat sie angehalten, mich eingesammelt und im Stadtzentrum abgesetzt (und hatte dann noch fünf Minuten Zeit um pünktlich anzukommen, war aber entspannt und schaffte es wohl). Ich behaupte, das würde in Deutschland nicht funktionieren.
Die Freundlichkeit und Offenheit der Kiwis war oft Gesprächsthema zwischen uns TA-Hikern gewesen und wir waren uns einig, dass wir versuchen sollten, diese Denkweise mit in unsere Heimat zu nehmen und dort einiges anders als vorher zu machen. Es schien nicht so schwer zu sein, aber zu einem deutlich zufriedeneren Leben zu führen.

Von Christchurch hatte ich natürlich schon sehr viel gehört…immer spielten die Erdbeben von 2010 und 2011 eine Rolle in den Erzählungen. Alle berichteten von den umfangreichen Zerstörungen und dass die Stadt immer noch wieder aufgebaut wird.

Ich bin mit einer Anwohnerin nach Christchurch gefahren und sie wusste zu berichten, dass in der Innenstadt 75% aller Gebäude zerstört und abgerissen wurden – oder teilweise immer noch auf ihren Abriss warteten. Im südlichen Teil der Stadt, durch den wir zunächst fuhren, gab es hingegen keine (sichtbaren) Schäden, hier sind die Bewohner nochmal mit dem Schrecken davon gekommen.

Ich wurde im Zentrum herausgelassen und hatte tatsächlich das Gefühl, dass hier sehr viel Platz ist und überall gebaut wird. Es gibt zwar schon wieder einige Neubauten und der neue Busbahnhof wurde 2015 eröffnet, aber gefühlt fehlt noch mehr, als schon da ist. 

Viele Baulücken werden zwischenzeitlich als Parkplatz genutzt

In den nächsten zwei Tagen sehe ich mir die Stadt an, zu Fuß und per Fahrrad, das ich in meinem Hostel kostenlos leihen kann. Es ist in einem entsprechend kläglichen Zustand…immerhin drehen sich die Reifen, die Schaltung funktioniert nicht und die Bremsen geben auf halbem Weg auch endgültig auf. Da ich mit dem Linksverkehr aber sowieso genug zu tun habe und entsprechend langsam fahre, fallen die Mängel nicht so auf.

Freiluftkirche am Ort des ehemaligen Gotteshauses

Ich verbringe viel Zeit in dem botanischen Garten und sehe mir das Containerviertel re:Start an. Das war eine Aktion der Gewerbetreibenden aus dem zerstörten Stadtzentrum, die innerhalb von 61 Tagen nach dem Erdbeben ein Einkaufsviertel aus Überseecontainern aus dem Boden gestampft haben. Ein Teil davon steht bis heute und ist Ausdruck der unerschütterlichen und engagierten Bewohner Christchurchs.

Re:start

Am letzten Tag laufe ich abends die gut zehn Kilometer bis zum Flughafen und übernachte dort, da mein Flieger morgens um halb sieben geht und ich keine Lust habe mitten in der Nacht aufzustehen. Auf dem Flughafen gibt es auch extra einen Raum für Leute wie mich (deren Flieger sehr früh startet), in welchem man für zehn Dollar übernachten kann. Das wusste ich vorher zwar nicht, freut mich aber sehr ist es doch deutlich bequemer, als auf einer Bank zu schlafen.
Morgens fliege ich mit Zwischenstopp in Wellington nach Auckland – also eigentlich hüpfen wir nur, da der Flieger immer kurz nach Erreichen der Flughöhe wieder zum Landeflug ansetzt.

In Auckland verbringe ich die letzten Tage meines Neuseelandaufenhaltes – es regnet viel und ich sitze oft im Internetcafé um den Blog zu schreiben oder Infos für Australien herauszusuchen. Außerdem hole ich den Rucksack ab, den ich bei James, dem Bekannten einer Freundin, für die Zeit meiner Wanderung deponiert hatte. In ihm befindet sich der dicke, schwere Reiseführer für Australien und ein paar Klamotten, damit ich mehr als einen Satz habe und auch mal wechseln kann.

Skytower Auckland

Aktuell finden gerade die World Masters Games in Auckland statt. Wenn ich es richtig verstanden habe, ist das ein internationales Sportfest für Freizeitathleten mit über 40 Disziplinen, an dem mehrere zehntausend Sportler teilnehmen. Der überwiegende Teil aus den Commonwealth Staaten, Asien und Nordamerika, aber es sind wohl auch ein paar Deutsche dabei. Komisch…habe noch nie von diesem Megaevent gehört, das eine Woche lange stattfindet. Das nächste Mal übrigens 2021 in Kansai, Japan – falls jemand schon mit dem Training beginnen möchte. 🙂
Ich sehe mir die Abschlussveranstaltung an und komme so auch in den Genuss einer Haka-Aufführung. Haka ist der traditionelle Tanz der Maori…am bekanntesten dürfte der Kriegs-Haka sein, der u.a. sehr überzeugend von der National-Rugby-Mannschaft vor jedem Spiel aufgeführt wird, aber es gibt zu allen möglichen Themen unterschiedliche Haka.

Ich schlendere auch nochmal intensiv durch die Stadt und verabschiedee mich innerlich von diesem wunderschönen Land. Ich übernachte wieder auf dem Flughafen, da mein Flieger ebenfalls früh morgens startet, dieses Mal muss ich aber mit einer Bank vorlieb nehmen, da es hier nicht so einen praktischen Raum wie in Christchurch gibt.

Skyline Auckland

Alles in allem kann ich mich dem Lob über Neuseeland, das man von jedem Besucher hört nur anschließen. Es ist sowohl landschaftlich als auch kulturell und menschlich ein wunderschönes Land und lohnt einen längeren Besuch. Insbesondere die abgelegene Lage macht es schon irgendwie zur „Insel der Glückseligkeit“ wäre für mich aber ein Grund, mich dort nicht dauerhaft niederzulassen, da man schon sehr weit weg vom allgemeinen Weltgeschehen ist…außerdem sind die Lebenshaltungskosten relativ hoch, insbesondere die Immobilienpreise erreichen unglaubliche Höhen im Vergleich zu Deutschland. 

letztes Geld verprassen am Flughafen

Am Dienstag, den 02. Mai verlasse ich Neuseeland und fliege in Richtung nächstes Abenteuer nach Australien.

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