Wellington – 2,5 Zerodays

23. – 25.01., 0 km

Nach Erreichen des Endpunktes fahre ich mit dem Bus zurück ins Zentrum – ich laufe heute nur noch das Allernötigste…ich komme genau pünktlich um 14:00 Uhr im Hostel zum Check-Inn an, gehe nach einer kurzen Pause aber gleich wieder los, da ich noch ins Te Papa will, das Nationalmuseum Neuseelands. Der Eintritt ist kostenlos und bei dem Mistwetter heute ist ein Museumsbesuch genau das richtige.

Nationalmuseum Te Papa

Es wird die Geschichte Neuseelands gezeigt, aus verschiedenen Perspektiven, geht los mit der Entstehung Zealandias (die Erdplatte, auf der die beiden Inseln liegen) über die Entstehung der Tierwelt bis hin zur Besiedlung des Landes durch Menschen und deren (schlechten) Einfluss auf die Natur. Es gibt auch eine Abteilung zum Thema Erdbeben mit einer „Rüttelkammer“ und wie man sein Hab und Gut am Besten schützen kann.

Ist alles sehr interessant, aber irgendwann muss ich weiter, weil ich so großen Hunger habe. Ich schlendere durch das Stadtzentrum, esse was indisches und muss feststellen, dass morgen am Montag der „Wellington Anniversary“ ist und alle Postämter geschlossen haben…toll, dann kann ich meine Bouncebox also erst am Dienstag abholen…hoffentlich hat die Arztpraxis wenigstens offen, zu der ich wegen einem schmerzenden Nerv im Rücken gehen will…

Als ich Montagmorgen durch die Straßen laufe ist es relativ ruhig, aber einige Läden haben offen…die Arztpraxis natürlich nicht…also nutze ich den Tag um bei Pac’n’Save den Großeinkauf für die Südinsel zu starten…nach Kontakten zu Felix und anderen Hikern, habe ich mich entschieden, doch nicht vier Pakete zu schicken, weil das Porto unglaublich teuer werden würde. Dann lieber einen Tag „verlieren“, weil ich 100km in die nächste Stadt trampen muss, das kostet wenigstens nichts. Aber zwei Pakete muss ich trotzdem schicken, weil aufgrund der Unwetter, die übrigens auf der Südinsel weiter anhalten, einige Straßen gesperrt sind. Es gibt Hiker, die in eine Stadt getrampt sind und jetzt dort festsitzen und nicht mehr zurück zum Trail kommen…das würde ich mir gerne ersparen.

Also muss ich für insgesamt 18 Tage einkaufen…ich schiebe mehr als zwei Stunden den Einkaufswagen durch die Gänge und er füllt sich zunehmend…am Ende sieht mein Proviant für 18 Tage dann so aus:

Essen für 18 Tage

Von links nach rechts liegt oben Abendessen, Mittag und Frühstück und unten liegen die Snacks, die ich zwischendurch esse. Zum Frühstück gibt es ca. 100g Müsli mit Milchpulver, zum Mittag 100g Käse mit drei Biersticks (die heißen wirklich so und sind eine deutsche Spezialität 😉 ) und Käsecräckern und zum Abendessen 100g rote Linsen oder Couscous mit Tomatensuppe. Zwischendurch dann pro Tag drei Müsliriegel, eine Handvoll Nüsse und eine Tafel (200g) Schokolade…ob das nun viel oder wenig ist, weiß ich nicht, mein Schokoladenkonsum ist schon überdurchschnittlich im Vergleich zu anderen Hikern, aber dafür esse ich von anderen Sachen weniger 😉

Jedenfalls hat sich diese Kombination in den letzten Wochen als die für mich beste herauskristallisiert. Ich habe viel ausprobiert und geändert, und das ist jetzt das, was ich wirklich wochenlang jeden Tag essen kann, wenn es sein muss. Nach Zerodays ergänze ich das Mittag manchmal noch durch gekochte Eier, aber das fällt bei den Essenspaketen natürlich aus.

Mittagspause

Erfreulicherweise bekomme ich den gesamten Einkauf, inklusive des Essens für den Aufenthalt in Wellington, in meinen Rucksack und eine stabile Kiste und kann so alles zurück ins Hostel schleppen. Dort geht das große Sortieren und Umpacken los und ich bin bis zum frühen Abend beschäftigt. Und die Haare wollen auch endlich vernünftig blondiert und dann neu gefärbt werden 😉
Am Dienstag stehe ich um neun Uhr wieder vor der Arztpraxis (Osteopath) und dieses Mal hat sie geöffnet. Ich hoffe inständig, dass sie mich kurzfristig rannehmen können, da ich ja weiter will. Für heute haben sie nichts mehr frei, aber morgen um 08:30 Uhr bekomme ich einen einstündigen Termin – cool…es kann alles so einfach sein, als Privatpatient…

Danach besorge ich noch ein paar Dinge in der Stadt (heute scheint die Sonne!) und hole dann meine Bouncebox von der Post ab. Dort treffe ich auf Ben, Adrian, Alex und andere Wanderer, die auch entweder ihre Box abholen oder die Foodparcels abgeben. Adrian und andere fliegen auf die Südinsel…das ist am Ende auch nicht teurer als die Fähre plus Boot zum Startpunkt und evt noch Übernachtung in Picton. Eigentlich keine schlechte Idee, aber ich bleibe dann doch bei der Fähre, ist einfacher zu organisieren.

Da ich morgen früh den Arzttermin habe, kann ich ja danach eigentlich weiter und so buche ich für Nachmittags den Platz auf der Fähre.

Dann geht es zurück ins Hostel und jetzt folgt die zweite Sortier- und Packaktion. Ich werde für die Südinsel wieder meinen „alten“ Rucksack nutzen und auch den wärmeren Quilt. Der neue Rucksack ist für diesen Quilt zu klein und zufrieden war ich mit ihm auch nicht vollständig. Er ist an vielen Stellen kaputt gegangen, die Qualität der Materialien hat den Anforderungen des TA einfach nicht standgehalten und der Murmur lässt sich wirklich nur bis zehn Kilo vernünftig tragen, alles darüber wird wegen der ungepolsterten Schulterträger absolut unbequem. Ich hatte in Palmerston North den Rucksack in der Post mal auf die Waage gestellt, da war er voll mit Essen (allerdings nur ein Liter Wasser) und hatte also in etwa das Maximalgewicht, was ich so in den letzten Wochen geschleppt habe. Es waren 13,6kg…eigentlich nicht wirklich schwer, aber mit dem Murmur war es die Hölle…und ich habe mich die ganze Zeit auf meinen G4 gefreut, mit dem solche Lasten locker bequem zu schultern sind.

Jetzt habe ich also nochmal jeden einzelnen Ausrüstungsgegenstand angesehen und überlegt, ob ich ihn für die Südinsel wirklich brauche oder er in die Bouncebox wandert. Als alles zugeordnet war, bin ich wieder zur Post gestapft und habe drei Pakete (zweimal Essen, einmal Bouncebox) verschickt. Da alle drei über 5kg wiegen und auch noch auf die andere Insel geschickt werden, hat es mich mit 90 Dollar (60 EUR) ein kleines Vermögen gekostet…und da wollte ich vier Essenspakete schicken! Das Geld kann ich wirklich besser in Essen investieren 😉

Den Rest des Tages informiere ich mich noch über die nächsten Abschnitte. Felix ist schon ein ganzes Stück voraus und was er von der Südinsel schreibt ist nicht gerade ermutigend. Durch die heftigen Regenfälle sind wohl große Teile des Weges weggespült worden, man muss große Umwege laufen oder durch Flüsse, die so stark angeschwollen sind, dass es richtig gefährlich wird…und man läuft tagelang durch knietiefen Matsch… Auch die Berichte der anderen Wanderer auf Facebook lassen die Frage aufkommen, ob es momentan eine gute Idee ist, den TA auf der Südinsel zu laufen…viele müssen große Strecken wieder zurück bis zur nächsten Hütte laufen, weil sie einfach nicht durch einen Fluss gekommen sind, der aufgrund der starken Regenfälle zu viel Wasser führt oder es zu windig war und warten dann mindestens einen Tag auf besseres Wetter, einige Hiker mussten nach einer längeren Wartezeit zurück in die nächste Stadt, weil sie kein Essen mehr hatten…Poppy hat sich bei einem Rivercrossing die Hand gebrochen, eine andere postet auf Facebook ein Foto ihres Gipsbeins, beide mussten mit den gebrochenen Gliedmaßen noch einige Tage weiterwandern, bis sie an der nächsten Straße waren um in eine Stadt zu trampen…ich hoffe einfach, dass das Wetter in den nächsten Tagen besser wird und ich die schlimmste Phase verpasse…aber ein Spaziergang wird die Südinsel auf jeden Fall nicht…wobei sie auch schon unter normalen Konditionen anspruchsvoller als die Nordinsel ist.

Ein bisschen Zeit ist aber noch, da zunächst der Queen Charlotte Track ansteht, das sind cirka drei Tage easy walking auf „gefegten“ Wegen, weil es eine super beliebte Strecke ist. Und wenn danach das Wetter gut ist, will ich den Abel Tasman Coast Track einschieben – ein Great Walk, der also auch easypeasy zu laufen sein dürfte…und erst danach kommen die abgelegenen, schwierigen Strecken in den Alpen der Südinsel – aber bis dahin ist der Sommer hoffentlich auch dort angekommen.

Mittwochmorgen (also heute, wo ich das schreibe) laufe ich also zum dritten Mal zu der Arztpraxis. Ich hoffe, dass die Ärztin was mit meinem Rücken machen kann, wobei in den letzten zwei Tagen mein linkes Fußgelenk viel mehr weh getan hat, ich humpel mittlerweile nur noch durch die Stadt…die 1.700km sind dann doch nicht spurlos an mir vorüber gegangen. Die Ärztin ist total toll und versucht mit einer 40minütigen Behandlung meine Verspannungen wegzukneten…es ist zwar teilweise schmerzhaft, aber ich hoffe, dass es etwas hilft. Sie zeigt mir auch noch ein paar Übungen, mit denen ich meine Rückenmuskulatur beweglich halten kann und rät mir dazu, mehr Ruhetage einzulegen, damit ich Bluff auch wirklich erreiche…danach hole ich mir in der Apotheke noch Voltaren für das Fußgelenk und eine Bandage für die Knie, da sich diese bei den Bergabpassagen auch wieder melden werden.

Da ich schon auschecken musste und es natürlich mal wieder regnet (wobei die letzten beiden Tage schön waren!), setze ich mich erst in ein Café und dann bei Burger King rein, um das kostenlose WLAN und die Steckdose nutzen zu können (zwei Burger mit Pommes habe ich natürlich auch gegessen).

Nachher werde ich mit der Fähre nach Picton fahren, mir dort dann außerhalb des Ortes ein Zeltplätzchen suchen und morgen früh mit einem Boot zum Startpunkt des TA auf der Südinsel übersetzen…auf dass das Abenteuer weitergeht 🙂

5 Gedanken zu “Wellington – 2,5 Zerodays

  1. kaiausberlin schreibt:
    Avatar von kaiausberlin

    Ich bin unglaublich stolz auf dich und deine Leistungen!!! 🙂

    Die Nordinsel ist bezwungen, nun zeigst du auch der Südinsel aus welchem Holz du geschnitzt bist 😀

    Das sind immer wunderschöne Bilder die du uns Allen hier, am anderen Ende der Welt, präsentierst …vielen Dank das du es immer schaffst so schöne Beiträge zu verfassen 😉

    Und nun wünsche ich dir einen tollen Start auf Insel Nr. 2 🌴 🌴 🌴 🌴 🌴 🌴 🌴 🌴

    Pass bitte weiterhin gut auf dich auf und hab viel Spaß beim Hiken 😉 bis bald ☺😚

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  2. Sandra schreibt:
    Avatar von Sandra

    Liebe Katrin,

    wow! Die Nordinsel bezwungen und mir kommt es so vor, als wärst du gestern erst abgereist…ok, vorgestern. 😉
    Wahnsinn wie die Zeit vergeht und wie viele Kilometer du schon gelaufen bist – also wirklich gelaufen. Für mich nach wie vor unvorstellbar.

    Und nun auf zur Südhälfte. Die Aussichten sind ja wirklich alles andere als prickelnd. Pass gut auf dich auf und nimm dir den Rat der Ärztin an. Dich hetzt ja nichts, oder? 😉

    Ganz liebe Grüße aus dem winterlichen Berlin!
    Sandra & Yvonne

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    • derfrechedachs schreibt:
      Avatar von Katrin

      Liebe Grüße zurück. Ich nehme mir den Rat wirklich an und starte die Südinsel erstmal mit einem Zerodays, mein Knöchel tut einfach zu sehr weh…morgen geht es dann aber wieder in die Wildnis und hoffentlich auch mit dem Knöchel wieder besser…

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