Te Kuiti – Pureora Forest – Taumarunui

17. – 21.12., 5 Tage, 146 km

Ich komme nach fünf Tagen komplett ohne Handyempfang in Taumarunui an und die erste Nachricht, die ich lesen muss, berichtet von dem Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt…oh man…es ist nicht weniger bedrückend, nur weil es früher oder später zu erwarten war. Ich hoffe, ihr und alle anderen Berliner lasst euch davon nicht in eurem freien Leben einschränken und zeigt somit den Terroristen, dass unsere weltoffene, freie, selbstbestimmte Gesellschaft das bessere Modell darstellt. Passt auf euch auf!

Die zwei Ruhetage scheinen mir gut getan zu haben, immerhin laufe ich in den nächsten fünf Tagen fast 150km. Allerdings liegt das auch an dem hohen Straßenanteil mit 60km und auf der Straße kann man natürlich locker 5 kmh laufen.

Zunächst geht es allerdings nach Te Kuiti auf einem Weg am Fluss entlang. Nachdem die letzten Gewerbebetriebe des Ortes passiert sind, wird die Gegend schöner und als es aus dem Wald rausgeht und immer am Fluss entlang, wird es richtig schön. Der für diese Gegend typische Limestone lockert die grünen Hügel auf und gutes Wetter ist auch. 

Das einzige, was mal wieder Anlass zum Meckern gibt, ist der Weg selbst. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber die Qualität des Weges auf dem TA ist überwiegend … verbesserungswürdig…um es mal freundlich auszudrücken.

Und so auch hier in dieser wunderschönen Gegend. Es gibt einen schmalen Trampelpfad, der direkt an dem mind. 45° steilen Hang entlangführt. Er ist also selbst sehr schräg und an vielen Stellen einfach weggebrochen oder mit rutschigen Gras zugewachsen…es ist anstrengend für die Füße, dort entlangzulaufen und einfach ist es auch nicht, insbesondere, wenn es dann auch noch steil nach oben geht.

das ist doch mal beruhigend…

Und tatsächlich erzählen einen Tag später die beiden französischen älteren Herren (frühes Rentenalter), die einen Tag vor uns aus Te Kuiti weiter gelaufen sind, dass einer von beiden abgestürzt und samt Rucksack ca. 5m den Hang hinuntergepurzelt und in den Fluss gefallen ist. Zum Glück ist ihm nichts weiter passiert, aber überraschend ist es eigentlich nicht, dass dort jmd abrutscht…
Ich bin also froh, als dieser 15km Track geschafft ist und der erste Straßenabschnitt beginnt. Am ersten Tag laufe ich noch einige Kilometer, am Ende gezwungenermaßen, da ich fast kein Wasser mehr habe. Die Straße führt zwar die ganze Zeit an einem Fluss entlang, aber dieser liegt mehrere Meter tiefer und ist durch einen dichtbewachsenen Grüngürtel abgeschirmt. Irgendwann kann ich aber doch an einem Zulauf Wasser holen, auch wenn es nicht ganz einfach ist, ranzukommen.

Der nächste Tag besteht ausschließlich aus Roadwalking…28km Straße, zunächst Schotter- später dann auch asphaltierte Straße. Ich bin gegen 16 Uhr an dem Zeltplatz vor dem Pureora Forest und genieße den freien Nachmittag, außerdem trudeln immer mehr andere Hiker ein und es gibt mal wieder viel zu erzählen.

Die Wanderung durch den Pureora Forest beginnt auf dem Timber Trail. Das ist ein Fahrradweg auf ca. 55km. Der Weg ist entsprechend gut zu laufen, da es ein festgefahrener Waldweg ist und zusätzlich besitzt er Kilometermarken, so dass ich immer weiß, wie weit ich schon gekommen bin. Und tatsächlich bestätigt sich dadurch eine schon lange von mir gehegte Vermutung – die Kilometer werden im Laufe des Tages länger! Wirklich!

Das Wetter ist nach den letzten beiden schönen Tagen heute wieder nicht so erfreulich, es regnet den gesamten Vormittag über. Nach gut 16km verlässt der TA leider den Timber Trail und es geht auf einem gewohnt schmalen und schlammigen Weg durch den Wald. Kurz danach mache ich in einer kleinen Hütte Mittagspause und nach einem Blick auf die Karte bilde ich mir ein, heute weitere 17km bis zur nächsten Hütte schaffen zu können. Es ist erst 12:00 Uhr und ich bin mir natürlich bewusst, dass es ab jetzt nicht mehr so einfach wird, wie auf dem Fahrradtrack, aber ich bin gut drauf und der Wald scheint alles in allem auch ganz nett zu sein. Notfalls kann ich ja auch irgendwo mein Zelt aufstellen.

Pureora Forest

Der Pureora Forest ist wirklich sehr nett, ich taufe ihn den Mooswald, da sämtliche Oberflächen mit grünem Moos bedeckt sind. Das sieht selbst in dem regnerischen Wetter gut aus und als es nachmittags doch noch aufklart, sieht es noch besser aus.
Heute steht der erste Berg über 1.000 Meter auf dem Plan, da der ganze Track sich aber zwischen 700 und 900 Metern bewegt, ist der entscheidende Anstieg kein großes Problem. Ich komme voran, aber nur langsam…es geht immer wieder hoch und runter, über Wurzeln oder umgestürzte Bäume und natürlich durch meine geliebten Schlammgruben.

Dieser Abschnitt ist übrigens etwas Besonderes…zwei Kilometer vor der nächsten Hütte passiere ich die 1.000 Kilometermarke…das heißt, ich bin dann 1.000 Kilometer zu Fuß gelaufen…wow…und das komische ist, ich finde das mittlerweile ganz normal – auch, dass ich noch 2.000 weitere Kilometer laufen werde…ja klar, warum nicht? Meine Füße machen wirklich super gut mit, ich habe abends annehmbare Schmerzen, aber nichts tragisches und ich bin mittlerweile so in diesem Wanderrhythmus drin, dass es völlig normal für mich ist, jeden Tag aufzustehen und loszulaufen…faszinierend.

Ich beschäftige mich lange mit diesen Gedanken und warte gespannt auf die 1.000er Marke…so langsam müsste sie kommen, tut sie aber natürlich nicht…es wird immer später und nach der Marke sind es nochmal zweieinhalb Kilometer bis zur Hütte…es ist schon 19:00 Uhr und die Marke kommt einfach nicht…der Weg ist hier übrigens super gut markiert, an jedem dritten Baum hängt ein orangenes Dreieck, viele sind nagelneu und leuchten noch richtig. Die Menge an Markern führt aber auch nicht dazu, dass die 1.000er Marke kommt.

Als ich schon fast vermute, dass ich sie irgendwie doch verpasst habe, kommt sie endlich – yippieh…1.000 km zu Fuß…

ein Drittel ist geschafft

Jetzt noch zweieinhalb Kilometer bis zur Hütte…die haben es leider in sich, zunächst geht es einen Abhang hinunter, der so steil ist, dass sich meine Höhenangst fast meldet, dann muss ich über einen sehr morsch klingenden Baumstamm über einen breiten Fluss und danach geht es auf einem super steilen und langen Anstieg die ganze Strecke wieder nach oben…na toll..wenn das so weitergeht, brauche ich zwei Stunden für die Strecke! Es wird langsam dunkel, zumindest hier im Wald und ich würde auch gerne mal ankommen, war ja ein langer Tag heute…die Hütte kommt und kommt nicht, der Punkt in der gps-App schläft auch schon fast und kriecht nur noch sehr langsam voran und ich Zweifel langsam daran, dass ich noch im Hellen die Hütte erreichen kann.
Nach einer gefühlten Ewigkeit und einem langen Weg über Stock und Stein schimmert plötzlich etwas Buntes durch die Bäume und ich stehe im nächsten Moment vor der Hütte, wo schon die beiden Bayern, die Japanerin und der Ami, die ich in Te Kuiti kennengelernt habe, auf der Terrasse sitzen. Es ist 20:20 Uhr als ich ankomme und an diesem Abend habe ich mir mein Abendessen redlich verdient.

Waihaha Hut

Am nächsten Tag sind es „nur“ 18km raus aus dem Wald bis zur Straße…mittags erreiche ich eine weitere Hütte, wo ich eine ganze Stunde Pause mache. Laut Schild benötigt man für die letzten sieben Kilometer nur zwei Stunden… das ist aber sehr sportlich, denke ich, schließlich ist das Landstraßentempo…aber immerhin sollte es ein leichte Strecke sein und ich kann dann vielleicht noch ein paar Kilometer auf der Straße laufen, damit es morgen nicht so weit ist.

Pustekuchen! Der Weg ab der Hütte ist mal richtig beschwerlich! Richtig viele Schlamm Abschnitte, ständig steil hoch oder runter, so dass man das selbst bei trockenem Weg niemals in zwei Stunden schaffen könnte. Da ich mental auf einen leichten Waldspaziergang eingestellt war, und heute aufgrund des gestrigen, sehr anstrengenden Tages sowieso sehr schlapp und fertig bin, bekomme ich super schlechte Laune und ärgere mich total über diese absolut falsche Zeitangabe…hätte da dran gestanden, dass man für die 7km fünf Stunden braucht, wäre ich mit einer anderen Einstellung rangegangen und es wäre nicht ganz so hart geworden. Aber so rutsche, schlittere, stolpere und falle ich die nächsten drei Kilometer durch diesen jetzt gar nicht mehr so schönen Wald, bevor die letzten vier Kilometer dann wirklich easypeasy werden.

Ich schaffe dann doch noch zwei Kilometer auf dem Feldweg, der sich Straße nennt und finde gegen 18:00 Uhr ein schönes Plätzchen für mein Zelt.

Am nächsten Tag stehen dann die restlichen 30km Straße auf dem Programm. Ich höre wieder Podcasts (dazu kann ich vielleicht gesondert mal was schreiben) und laufe züügig, so dass ich um 12:30 schon in Taumarunui ankomme.

mein Freund der Baum

 

Ein Gedanke zu “Te Kuiti – Pureora Forest – Taumarunui

  1. Sandra schreibt:
    Avatar von Sandra

    Meine Liebe Katrin,

    ich möchte dir dafür Danken, dass du so regelmäßig und ausführlich von deiner Tour berichtest! Immer wenn ein neuer Artikel von dir erscheint, träume ich mich in die neuseeländischen weiten und vergesse das Sardellendosen-feeling in der stinkigen Ringbahn.
    Ich finde es beachtlich und ziehe den Hut vor deiner Ausdauer und deinem unbändigen Willen, die schlammkuhlen Neuseelands zu bezwingen, toll!
    Mach weiter so, tu das was dir gut tut, setz dich nicht unter Druck sondern genieße weiter deine Auszeit!
    Auch wenn es sich vermutlich etwas befremdlich liest, aber ich schicke dir herzliche Weihnachtsgrüße von Yvonne und mir!

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