25. – 29.11., 5 Tage, 140km
Wir haben uns den richtigen Tag für die Pause ausgesucht. Als ich morgens wach werde regnet es. Also bleibe ich im Quilt eingekuschelt und lese noch etwas. Gestern Abend habe ich tatsächlich zum ersten Mal auf dieser Wanderung gelesen, ein E-Book mit dem schönen Titel „Thru-Hiking will break your heart“. Handelt zwar nicht vom TA sondern vom PCT, aber inhaltlich sollte ich es mittlerweile nachvollziehen können.
Irgendwann stehe ich aber doch auf und genieße den Luxus einer warmen Dusche, obwohl wir doch gestern nach unserer Ankunft grad erst geduscht hatten. Dann folgt noch der Einkauf für die nächsten vier, fünf Tage und nach einem wie immer an Ruhetagen sehr gesunden Mittagessen machen wir uns wieder auf den Weg. Unser Gastgeber war Alan, ein super netter Mann, der sich politisch engagiert und Gitarrenunterricht gibt. Er hat uns viele interessante Dinge erzählt, unter anderem, dass unsere Wanderung nichts anderes als ein Hikoi ist – Hikoi ist Mãori und bedeutet Wanderung oder Marsch. Als die Maori in den 70er und 80er Jahren sich langsam gegen die Ungerechtigkeiten durch die britische Regierung auflehnten, starteten sie einen Hikoi, und zwar am Cape Reinga. Von dort sind sie bis nach Wellington zur Regierung gelaufen, haben unterwegs in den Häusern der Maori übernachten und überall haben sich weitere Maori angeschlossen, so dass es am Ende eine riesige Menschenmenge war, die die Hauptstadt erreicht und dort protestiert hat. Nun wollen wir nicht protestieren, aber von Cape Reinga nach Wellington laufen wir auch…und noch ein Stückchen weiter..

Zwei halbe Ruhetage sind eine tolle Sache…reicht völlig aus und man braucht nur eine Nacht die Unterkunft zu bezahlen…bei bewölktem Himmel laufen wir also wieder los und nach ein paar Kilometer Straße und angebautem Tannenwald erreichen wir wieder den Strand, an welchem es insgesamt 16km entlang geht, wir werden heute aber nicht mehr alles schaffen.
Aufgrund des trüben, windigen Wetters und der gerade herrschenden Flut ist die See rauh und aufgewühlt. Ich kann mich gar nicht satt sehen, es ist so schön! Viel besser als glattes Meer bei Sonnenschein. Die Flut erschwert uns zwar das Laufen, weil wir oben im weichen Sand laufen müssen, aber der Anblick des stürmischen Meeres entschädigt mich völlig. Nach neun Kilometern erreichen wir einen Fluss, der ins Meer mündet. Bei Ebbe könnte man einfach durchwaten. Jetzt ist das Wasser so tief, dass ich meine Hose ausziehe, den Rucksack auf dem Kopf balanciere und so rüberwate – das Wasser reicht mir bis zum Bauchnabel. Da Stephanie zierlicher ist als ich, aber einen deutlich schwereren Rucksack besitzt, gehe ich zurück und trage auch ihren Rucksack auf meinem Kopf über das Wasser. Danach suchen wir uns im Wald hinter den Dünen ein schönes Plätzchen und schlagen unser Nachtlager auf.

Am nächsten Morgen ist wieder Flut und so stapfen wir erneut im weichen Sand den Strand entlang.
Es ist wieder bewölkt, aber die See sieht heute anders als gestern aus. Ist aber wieder relativ aufgewühlt und ich merke erneut, wie sehr mir das gefällt und wie sehr ich das Meer mag. Am liebsten würde ich mich jetzt in die Wellen stürzen und surfen gehen… Und ich frage mich, wo die ganzen Surfer stecken. Am Ende des Strandes dann die Antwort – hier haben sich alle versammelt und reiten fleißig auf den Wellen – richtig so.
Als nächstes steht einen Wanderung auf den Mount Tamahunga bevor – die Beschreibung klang nicht sehr einladend – rutschigen Wege, steile, rutschige Wege und und ganz steile, schlammige Wege…das ganze sowohl hoch als auch runter. Na toll – und dannhängt auch noch eine große, schwarze Wolke über dem Berg.
Ich bereite mich innerlich auf ein hartes Stück Arbeit vor, aber so schlimm wird es dann zum Glück nicht. Noch auf dem Weg zum ersten Anstieg klart es auf und bleibt dann auch den ganzen Tag über trocken. Und die Wege sind okay…streckenweise wirklich schlammig, aber in einem annehmbaren Umfang.

Einmal komme ich ins rutschen, kann mich nur noch mit allen vieren auf dem Boden festkrallen und rutsche im Schlamm langsam dem Abgrund neben dem Weg entgegen, der hier allerdings nur ca einen Meter tief ist, danach sollten mich das Unterholz und die Palmen eigentlich aufhalten können. Ich hänge wie eine Klette auf dem schrägen Weg und rutsche…die einzige Möglichkeit doch wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen ist, irgendwie nach vorne zu hüpfen…gedacht, getan und nach einigen Minischritten bin ich aus dem gröbsten Schlamm raus und kann mich wieder aufrichten – zum Glück war niemand mit ner Kamera in der Nähe.
Während der Abstiege teste ich – teilweise zwangsläufig – meine neue Technik des schnellen Herunterlaufens – was nicht selten in einem Runterrutschen und hilflosen Wedeln mit Armen und Trekkingstöcken endet. Früher oder später wird schon ein Baum kommen, der meine Rutschpartie aufhält…
Mit meiner in den letzten Wochen gesammelten Erfahrung würde ich locker bei „Deutschland sucht den nächsten Möchtegern-Tarzan“ die Qualifikationsrunde überstehen…und ich arbeite hart daran, ein ernstzunehmender Finalkandidat zu werden…

Nach vier Stunden ist dieser Abschnitt aber schon geschafft und es ist erst 14:00 Uhr, wir können also noch weiter laufen und auch das nächste Waldstück, den Dome Forest, beginnen. Wir übernachten dort und laufen am nächsten Tag weiter. Der Dome Forest ist richtig schön, annehmbare, wenn auch anstrengende Wege, eine gute Mischung aus Auf- und Abstiegen und morgens zum Sonnenaufgang sowieso wunderschön.

An einem Aussichtspunkt kurz vor dem Ende des Tracks hat jemand auf einer Bank ein Rätsel hinterlassen. Und auch wenn ich diese Frage schon ein-, zweimal beantwortet hatte, fällt mir dir Lösung nicht auf Anhieb ein. Genau zehn Minuten dauert es, bis ich sie habe – ist aber eine schöne Ablenkung und da der Weg jetzt über Stufen nach unten führt, kann ich dabei auch gut nachdenken.

angenommen, Du hast unendlich viel Wasser, aber nur ein 5l- und ein 3l-Gefäß – wie misst Du exakt 4l ab?
Ist auch eine schöne Gelegenheit um zu sehen, ob überhaupt jemand meinen Blog liest – wie lange habt ihr für die Lösung gebraucht? Schreibt es einfach unten als Kommentar, aber möglichst nicht gleich die Lösung verraten 😉
Am Ende des Waldes gibt es ein Café. Ich hatte schon die ganze Zeit von einem großen Stück Kuchen geträumt, dort hat es aber so lecker nach Grill gerochen, dass ich dann doch etwas herzhaftes genommen habe, ein Toastsandwich – und eine Eisschokolade 🙂

Moir Hill
Dann folgte der Aufstieg auf den Moir Hill, der aber auf breiten Forstwegen verlief. Oben angekommen zogen sich die Wolken zu einer dunklen Masse zusammen und es regnete in Strömen. Glücklicherweise konnte ich mich auf die Terrasse eines Hauses retten, deren Besitzer nicht da waren.

Am nächsten Tag erreichten wir Puhoi und entschieden uns dort dagegen, für die sieben Kilometer ein Kayak anzumieten, sondern haben die Straßenroute gewählt. War jetzt nicht ganz so angenehm, weil es am großen Highway entlang ging, aber dafür ging RS den Rest des Tages an der Küste entlang. Wir hatten Glück, da es gerade Ebbe war und konnten auf den großen Steinen vor der Küste entlangklettern und hüpfen – das ist übrigens die offizielle TA-Route, haben wir uns nicht selbst ausgedacht.

Da wir nachmittags in eine größere Stadt kommen und dort unser resupply ansteht, haben wir fast kein Essen mehr im Rucksack und er ist entsprechend leicht. So macht es noch mehr Spaß und wir kommen gut voran.
In Stillwater kaufe ich dann im Supermarkt Weintrauben fürs Abendbrot – da waren meine Augen wohl mal wieder größer als der Hunger, der Kassenbon wies 2,3kg aus…naja, war das Frühstück morgen früh auch mit abgedeckt 😉
Der Wirbel in der Stadt ist ungewohnt für mich, wir kommen zum Schulschluss an einer Schule vorbei und die Schüler laufen alle zum passenden Schulbus, von denen einen ganze Flotte vor der Tür steht. Es ist laut und bunt und der Linksverkehr schafft mich sowieso schon die ganze Zeit…ich komme immer noch nicht damit klar, in welche Richtung ich nun gucken muss, wenn ich über einenStraße gehe und auf dem Parkplatz des Supermarktes laufen Stephanie und ich fast vor ein Auto, die Fahrerin bremst aber noch rechtzeitig.
Durch die Stadt ist es aber natürlich auch nicht so einfach, einen Platz für die Nacht zu finden, also laufen wir die Straße weiter in der Hoffnung, außerhalb etwas zu finden. Dort gibt es aber auch nur Privatland, eine Farm reiht sich an die andere, selbst die Waldstückr an der Straße sind eingezäunt. Zwei Stunden später tippeln wir immer noch und finden nichts, unsere Laune sinkt zusehends. Ich Laufe ich einen Nebenweg, der zu einer ganzen Reihe an Grundstücken führt. Tatsächlich gibt es auf einer Seite eine Brache, auf der kein Haus oder Schaf steht. Da uns aber bewusst ist, dass auch das Privatland ist, fragen wir gegenüber, ob wir dort zelten können.Die erwachsene Tochter und ihre Mutter sind zu Hause, ihnen gehört auch das Land auf der anderen Straßenseite (und alles andere, was im Umkreis zu sehen ist) und sie sind super nett und aufgeschlossen und haben überhaupt nichts dagegen, dass wir dort zelten. Im Gegenteil laden sie uns ein, direkt auf der Wiese vorm Haus zu zelten. Es gibt in einem Nebengebäude ein Duschbad und eine Küche, welche wir benutzen dürfen und von ersterem machen wir dann auch Gebrauch. Die beiden sind wirklich total nett, leider sind wir so müde und geschafft, dass wir uns gar nicht lange mit ihnen unterhalten, sondern nur duschen, etwas essen und uns schlafen legen, immerhin war das heute der zweite Tag in Folge mit mehr als 30km.

Deswegen will ich den nächsten Tag auch etwas ruhiger angehen und nur ca 20km laufen – wir sind kurz vor Auckland und könnten locker am nächsten Tag mittags dort eintreffen. Es kommt natürlich anders…
Nach weiteren Kilometern auf der Straße ist wieder Felsenhüpfen an der Küste angesagt, dann soll ein Fluss überquert werden. Heute haben wir nicht so ein gutes Timing und bis zum Tiefstand der Ebbe dauert es noch vier Stunden. Laut Infoschild soll eine Durchquerung des Flusses aber bis auf anderthalb Stunden vor und nach dem Höchststand möglich sein…also probieren wir es natürlich, da der Weg über die Straße einen riesigen Umweg bedeuten würde.

Rückzug…Durchquerung nicht möglich
Der Fluss ist sehr breit und mir ist klar, dass wir nicht mit Hose hoch krempeln weiter kommen, also ziehe ich mich bis auf die Unterwäsche aus, packe den Rucksack auf den Kopf und laufe los – hat ja schon mal gut funktioniert. Das Wasser ist kalt und die Strömung überraschend stark, das ganze Wasser strebt raus zum Meer. Ich habe noch nicht ganz die Hälfte erreicht, als ich schon bis zum Hals im Wasser stehr und nur Zentimeter für Zentimeter vorwärts komme. Der Rucksack wird immer schwerer und jetzt kommt auch noch Wind auf und produziert Wellen, die mir ins Gesicht schlagen…ich habe schon zu tun, mich gegen die Strömung zu stemmen, vorwärts zu kommen ist dabei fast nicht mehr drin, wenn überhaupt, sind es nur Zentimeter. Ich peile einen Stab mit einem Schild in der Mitte des Flusses an, in der Hoffnung, dass es dort vielleicht wieder flacher wird. Wirds natürlich nicht. Beim nächsten Schritt habe ich keinen Boden mehr unter den Füßen und werde von der Strömung zur Seite geworfen. Ich hüpfe immer wieder nach oben, um Luft zu bekommen – und der Rucksack muss natürlich gerettet werden! Mit einer Hand halte ich ihn fest, während ich mit der anderen versuche, mich wieder zu stabilisieren, was bei der Strömung und den Wellen nicht so einfach ist…was mache ich hier eigentlich? Mir wird klar, dass das doch einigermaßen gefährlich ist…und auch wenn ich im Notfall immer noch schwimmen könnte und mir selbst nicht viel passieren würde – aber wenn ich nochmal so den Halt verliere ist der Rucksack weg – und damit meine ganze Wanderung beendet…ich probieren es nochmal an einer anderen Stelle, aber auch dort wird das Wasser zu tief und frustriert kehre ich um. Stephanie hat an Land gewartet und ist auch schon halb erfroren, weil es so windig ist. Ich ziehe alle trockenen Klamotten an, die ich habe und wir müssen einsehen, dass wir hier in den nächsten zwei, drei Stunden nicht hinüberkommen und entscheiden uns missmutig für den Umweg über die Straße. Erst gegen 15:00 Uhr sind wir wieder an der Küste und damit auf dem originalen TA.
Von dort sind es noch zehn Kilometer bis zum Campingplatz, wo sie allerdings 30 Dollar für ein Zelt haben wollen. Das ist teuer, zumal ein Hostelbett in Auckland nur 25 Dollar kostet. Stephanie will unbedingt heute noch bis nach Auckland weiter und Bucht übers Handy ein Bett im Hostel. Ich bin nicht so begeistert, da meine Füße nach den letzten langen Tagen doch wieder sehr schmerzen, habe aber auch keine Lust, so viel Geld für einen Zeltplatz auszugeben. Also gut….ich esse eine ganze Tafel Schokolade (die hier 200 Gramm haben), nehme Vitamin i und wir machen uns auf den Weg. Es liegen noch neun Kilometer und eine Fährüberfahrt vor uns. Durch die Stärkung gehts mir wieder besser und ich laufe wir ein Duracell-Häschen. Als ich 19:30 Uhr in Devonport ankomme warten Stephanie (sie hat eine Abkürzung genommen) und die Fähre schon. Nach knapp 15 Minuten stehen wir in der Queenstreet in Auckland. Noch hoch zum Hostel und dann warten zwei, drei freie Tage auf mich. 🙂







Ich würde das 5 Liter-Gefäß füllen und in das 3 Liter-Gefäß schütten, dann das 3 Liter-Gefäß leeren und mit den restlichen 2 Litern aus dem 5 Liter-Gefäß auffüllen. Nun das leere 5 Litergefäß wieder auffüllen und das 3 Litergefäß bis zur Oberkante auffüllen und im 5 Liter-Gefäß befinden sich nun 4 Liter…
Habe ungefähr 20 min gebraucht ^_^
Dein Blog ist wirklich unglaublich genial!! Du musst im Anschluss an das Abenteuer daraus wirklich ein Buch machen! 😉
Machs gut und pass weiterhin gut auf dich auf 🙂
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0,1 s hab ich gebraucht. ;-P
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Alles andere hätte mich auch enttäuscht, Doktorchen :-p
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Das Rätsel ist sehr gut.Lösung in 5 Minuten von mir.
Für die Flußüberquerungen wären vielleicht aufblasbare Armreifen sehr nützlich? MP
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So schnell – Klasse! Über Schwimmflügel könnte ich nachdenken, Luft wiegt ja erstmal nichts 😉
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