13.08.2022, Tag 19, 35 km, Gesamtdistanz 479 km
Heute Nacht waren es laut Wetter-App nur 8°C, weshalb ich mir fast alle Klamotten angezogen hatte, die ich so mithabe. Und es hat geholfen, ich habe fast nicht gefroren. Hatte aber auch ein besonders windstilles Eckchen gefunden und damit Glück gehabt.
Morgens geht es wieder raus in den Wind und hoch auf die Hühnerstütze. Der Aufstieg sieht schlimmer aus als er ist und mir wird noch nicht mal richtig warm dabei.
Oben kommen mir schon die ersten WanderInnen entgegen, die müssen sehr früh im Koralpenhaus losgegangen sein.
Auf dem Weg zum großen Speikkogel kommen mir noch viele weitere WanderInnen entgegen. Alle sehen genauso verschlafen aus wie ich. 🙂
Die Radarstation auf dem Gipfel des großen Speikkogel hatte ich gestern schon von der Handalm aus gesehen, da dachte ich aber noch, dass es sich um eine Sternwarte handelt.



Das Wetter ist gut, bewölkt aber trocken und es scheint immer mehr aufzuklaren.
Ich bin bester Laune und der einfache Weg bringt mich innerhalb von anderthalb Stunden zum letzten Gipfel meiner Wanderung.
Mit 2.140 Metern ist der große Speikkogel der höchste steirische Gipfel der Tour und der zweithöchste des Nord-Süd-Wegs insgesamt.

Mit Eintreffen am Gipfelkreuz fängt es an zu nieseln, was sich dann in einen stetigen Regen ausdehnt. Dabei sollte es laut meiner Wetter-App heute trocken bleiben…das Gegenteil ist der Fall, bis zum frühen Nachmittag hört es bis auf sehr kurze Pausen nicht mehr auf zu regnen. Jetzt weiß ich auch, warum die anderen Wanderer alle so früh losgegangen sind.
Der Regen stört mich aber nicht weiter, wichtig für mich war, dass der Aufstieg trocken war. Jetzt geht es bis zum Zielort Eibiswald sowieso nur noch bergab und ich stapfe ganz entspannt mit meinem Schirm zum Koralpenhaus.
Als ich dort eintreffe, sind die Tische trotzdem noch voll belegt und die Männer und Frauen, die sich gerade üppige Frühstücke genehmigen, schauen mich ganz erstaunt an, wo ich denn jetzt bei dem Wetter herkomme. 🙂
Der junge Kellner ist von meinem Rucksack begeistert, denkt erst, dass es ein Hyperlite Mountain Gear ist. Als ich sage, dass ich ihn selbst gemacht habe, will er ihn sich sofort näher ansehen und wir kommen im Vorraum der Hütte schnell in ein Fachgespräch über ultraleichte Ausrüstung, Stoffe, Preise, Ausführungsarten etc. Ich lasse mich von seiner Begeisterung anstecken und zeige ihm mein selbstgenähtes Innenzelt und Fotos vom aufgestellten Tarp. Macht richtig Spaß, mal mit jemand Interessiertem darüber zu sprechen, auch wenn Kristjan selbst eher Trailrunner und Bergsteiger als Wanderer ist.
Als ich wieder alles eingepackt habe und weiterlaufe, hat der Regen auch erstmal aufgehört – geht aber bald wieder los.
Auf dem Weg runter verabschiede ich mich innerlich von den Bergen – meine Wanderung wird heute Abend oder morgen früh zu Ende sein, je nachdem, wie weit ich heute noch laufe.

Im Wald esse ich nochmal Heidelbeeren, immer mit dem Wissen, dass es die letzten sein könnten – wobei da noch sehr viele „letzte“ Büsche stehen. 😉
Kurz vor zwölf Uhr erreiche ich die Brendlhütte, die sich auf das Eintreffen der 24-Stunden-Wanderer vorbereitet. Wie ich erfahre und später recherchiere, findet heute die Koralm24-Wanderung statt, eine 24-Stundenwanderung über 80 km mit Start und Ziel in der Gößlerhütte, in welcher ich gestern das leckere Pilzgulasch gegessen habe.
Die WanderInnen tun mir leid – bei dem Wetter so lange unterwegs zu sein! Immerhin gibt es Würstchen vom Grill, wenn sie an der Brendlhütte vorbeikommen.
Ich wandere weiter und will eigentlich in St. Katharina in der Wiel etwas essen, den Gasthof dort gibt’s aber nicht mehr.
Na gut, dann weiter bis St. Oswald ob Eibiswald. Ein Örtchen mit sehr schönen, ehemals königlichen Gebäuden. Am Gasthof hängt ein Zettel, dass heute geschlossen ist, aber man „sie“ im Freibad findet…nun gut, das Freibad ist bei dem strömenden Regen natürlich leer, aber ich esse auch Pommes rot-weiß, kein Problem.
Das Problem ist eher, dass dort auch niemand ist…super…das waren im Grunde alle Möglichkeiten, vor Eibiswald noch etwas zu essen.






Die Gegend hat sich dann aber eine andere Lösung für mich ausgedacht. Zum Einen hört es endlich auf zu regnen, zum Anderen finde ich am Straßenrand eine üppige Menge an Brombeeren – dann kommt ein großer Apfelbaum und zusammen mit meinem letzten Proteinriegel, den ich noch habe, kommt damit auch eine leckere Mahlzeit zusammen.
Mit leerem Proviantbeutel und gut gefülltem Magen wandere ich weiter. Irgendwie scheine ich aber partout heute nicht mehr in Eibiswald ankommen zu wollen, ich verlaufe mich nämlich ständig! Sobald ich wieder einigermaßen auf dem richtigen Weg bin, biege ich schon wieder falsch ab, es ist zum Verrückt werden.
Aber ich habe sowieso schon den Entschluss gefasst, noch vor Eibiswald anzuhalten. Eine Unterkunft habe ich eh nicht und heute Nacht soll es auch richtig warm bleiben mit 14-15°C. Außerdem trocken. Morgen dann nochmal Sonnenschein mit bis zu 28°C – das ist doch perfekt für den Zieleinlauf.
Und so suche ich mir vier Kilometer vor dem Ziel ein nettes Plätzchen am Rand einer Wiese und baue zum (vor-)letzten Mal mein Zelt auf.
Als ich schon drin liege, werden die Kuhglocken immer lauter und kurz darauf schauen mich vier große Augen gutgläubig und neugierig an…

Die beiden Bullen wissen nicht so recht, was sie von mir zu halten haben. Irgendwann kabbeln sie sich dann lieber gegenseitig und entfernen sich wieder von meinem Zelt – nochmal Glück gehabt.













Dein Weg war in den letzten Tagen sehr vitaminreich. Lecker. Tolle Bilder und schöne
Texte. Danke dafür.
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