02.09.2021, Tag 9, 29 km, Gesamtdistanz 221 km
Ich laufe wie gewohnt um kurz vor sieben Uhr los und bin ziemlich genau um acht Uhr am Edeka in Marquartstein. Der macht aber sogar schon um halb acht Uhr auf, meine Sorge, dass ich evt noch warten müsste, war also unbegründet.
Ich decke mich mit Proviant ein und verbringe dann noch eine gute Stunde im Ort, um die letzten Blogbeiträge endlich zu veröffentlichen. Gerade fürs Hochladen der Fotos ist immer eine gute Internetverbindung erforderlich, die in den Bergen nicht oft vorhanden ist.
Es ist also schon fast halb zehn Uhr, als ich mich endlich auf den Weg zum Hochgern mache. Insgesamt sind 1.250 Höhenmeter zu erklimmen und die Strecke wird mit 3 3/4 h angegeben.
Es geht wieder eine breite Schotterstraße hinauf, die auch von motivierten Radlern genutzt wird, die im kleinsten Gang nach oben strampeln.
Während ich nach oben trotte überlege ich, was mir eigentlich lieber ist. Die bequemen aber langweiligen „Premiumwege“ oder die anstrengenden aber interessanteren naturbelassenen Wanderwege.
Letztendlich würde ich wohl, wenn ich die Wahl hätte, mich eher für die bequemen Wege entscheiden, weil ich eine faule Socke bin.
Aber eigentlich sind die anstrengenderen Wege schon die schöneren, weil ich am Ende mehr geleistet habe und stolzer darauf sein kann, als einfach eine Schotterstraße hinaufgelatscht zu sein…
Es geht an der Agersgschwendtalm vorbei und mit der Zeit werden es immer mehr WanderInnen, die ich überhole. Da ich heute so spät im Tal losgelaufen bin, treffe ich jetzt auf die Menschen, die sonst immer hinter mir sind. Interessant.
Der Schotterweg endet an der Enzian-Alm bzw. dem Hochgernhaus und schon von hier hat man eine wunderbare Fernsicht über die Alpen und laut Panoramatafeln soll man auch den Großglockner sehen können.

Jetzt ist es noch eine Stunde bis zum Gipfel und nun geht es auch auf einem kleinen Pfad über Stock und Stein.
Die Anstrengung lohnt sich. Das Wetter heute ist perfekt, strahlend blauer Himmel und am Gipfel des Hochgern finde ich noch ein freies Plätzchen, um mal richtig Brotzeit machen zu können. Habe ja nicht umsonst knapp ein Kilo Weintrauben, ein halbes Pfund Tomaten und leckeres Brot mit nach oben geschleppt.

Mit Blick auf schneebedeckte Gipfel in der Ferne lasse ich mir zumindest schon eine erste Portion schmecken, den Rest nehme ich zum zweiten Gipfel mit.

Nach einer für meine Verhältnisse ungewöhnlich langen Pause reiße ich mich von den fantastischen Ausblicken los und begebe mich an den Abstieg in Richtung Hinteralm.
Seit ich gestern an der Hochplatte vorbeigekommen bin, sehe ich am Wegesrand immer wieder Hinweisschilder auf eine Rennveranstaltung. Auf den steilen Wanderwegen, auf denen ich unterwegs bin, findet der Chiemgau-Marathon statt. Und es gibt neben der Marathondistanz auch noch einen 60km-Lauf! Das sind zwei meiner Tagesetappen – über diverse Gipfel rauf und runter und alles an einem Stück – rennend! Wer macht denn sowas?!? Also ich definitiv niemals und ich kann nur den Hut ziehen vor denen, die die Motivation für so einen Lauf aufbringen können…mir wäre ja schon das Training zu anstrengend. 😉
Kurz nach der Hinteralm beginnt dann der Aufstieg zum Hochfelln. Auch hier sind nochmal 600 Höhenmeter nach oben zu steigen (zum Glück nicht zu rennen).
Der Wegweiser kündigt motivierende 2h an. Allerdings weisen die nächsten zwei Schilder, die deutlich auseinander liegen, ebenfalls 2h aus…immerhin hört der Schotterweg relativ schnell auf und es geht über kleine Pfade bergan.
Der Weg schmiegt sich jetzt so eng an den steilen Hang, dass ich mich stark an die Pflanzen auf der Bergseite lehne, um nicht nach unten abzurutschen. Zum Glück ist der Boden heute wieder weitestgehend trocken, sonst würde ich mich hier nicht so wohl fühlen.

Nach einiger Zeit sagt der Wegweiser, dass es noch 45 Minuten zum Gipfel sind. Na das schaffe ich doch glatt. Das nächste Schild zeigt wieder 45 Minuten an und nach weiteren Kraxeleien wird dann 1h ausgewiesen. Was?!? Also die Wegweiserangaben sind hier irgendwie nicht so verlässlich, aber nach insgesamt anderthalb Stunden erreiche ich trotz allem den Gipfel auf 1.674 Metern.
Auch von hier beste Fernsichten in alle Richtungen. Der Chiemsee liegt wie ein großer Spiegel im Tal und gegenüber die endlos scheinenden Bergketten der Alpen.
Ich freue mich, dass ich zum Ende meiner Wanderung auf dem Maximiliansweg doch nochmal schönes Wetter bekommen habe. Weit ist es nicht mehr bis nach Berchtesgaden und übermorgen werde ich das Ziel schon erreichen.
Es ist 15:30 Uhr, als ich oben eintreffe und auch hier mache ich eine längere Pause und esse den letzten Proviant.
Danach geht es natürlich wieder bergab, über einen schmalen, langen Pfad über Weiden und durch Wälder in Richtung Ruhpolding.
Kurz vor dem Ort suche ich mir einen Schlafplatz. Mangels besserer Möglichkeiten direkt oben auf einer leeren Weide, da der Wald ausschließlich in Hanglage liegt und kein ebenes Plätzchen zu finden ist. Aber um diese Zeit kommt hier niemand mehr vorbei und ich denke ich kann hier ungestört die Nacht verbringen.














Silberdistel 



