Nußdorf am Inn – Hochplattenbahn

01.09.2021, Tag 8, 30 km, Gesamtdistanz 192 km

Es hat sich herrlich auf der NeoAir geschlafen. Fast wie in einem richtigen Bett. Nur etwas kühl war es immer noch, aber ich habe jetzt ja noch mehr Sachen, die ich anziehen kann.

Nachdem es Nachts nochmal geregnet hatte, kann ich das Zelt heute im Trockenen abbauen und laufe dann auf dem Pilgerweg weiter, den ich gestern nach Nußdorf begonnen hatte. Man kommt an einer Einsiedelei vorbei und aus beiden Richtungen gibt es bunte Tafeln, die den Leidensweg Jesu darstellen oder Sinnsprüche enthalten.

Danach startet der Anstieg auf den Hochries. Auch hier bleibt es bei den sehr gut zu laufenden Qualitätswegen, alles bestens in Schuss und breite Wege.

Um 08:46 Uhr ist es dann – einige Stunden früher als ich erwartet hatte – soweit. Ich sehe nach ca. fünf Tagen die Sonne wieder! Hach, herrlich.

Sie versteckt sich zwar sofort wieder hinter den Bergen und Wolken, aber das kann ich verstehen. Wir haben uns lange nicht gesehen und so wie ich aussehe und rieche, da ist die konsternierte Reaktion nachvollziehbar. Ich habe Geduld und weiß, dass wir uns in den nächsten Tagen noch öfter sehen werden.

Es wandert sich auch gleich viel besser bei dem schönen Wetter. Der Weg wird jetzt zwar steil, ist aber in so einem guten Zustand, dass es richtig Spaß macht, die Holzstufen und Steine hochzusteigen.

Um zehn Uhr erreiche ich den Gipfel des Hochries auf 1.569 Metern. Und natürlich geht es danach alles wieder runter…

Hochries, 1.569 Meter

Aber auch dies auf gut begehbaren Wegen und bei schönem Wetter.

Die nächste Station ist Hohenaschau, ein Ortsteil (?) von Aschau im Chiemgau. Hier halte ich mich aber nicht weiter auf, da ich das gute Wetter nutzen möchte, um den nächsten Gipfel zu erklimmen.

Also gehts gleich weiter in Richtung Kampenwand.

Der Weg ist gewohnt gut, verläuft nun aber auch oft auf Asphalt- oder Betonstraßen, was für die Füße natürlich nicht so angenehm ist. Je weiter ich nach oben stapfe, umso höher wird die Wanderinnendichte. Auch viele Radfahrer kämpfen sich nach oben oder sausen mir schon bergab entgegen.

Die Straße führt bis zu einer Reihe von Almen, an denen viel Betrieb herrscht und aus denen leckere Düfte nach Semmelknödeln und anderen Spezialitäten strömen.

Es sind aber noch weitere Höhenmeter auf der Schotterstraße zu überwinden, bis ich an der Steinlingalm stehe. Hier muss ich nun entscheiden, ob ich den Gipfel der Kampenwand erklimmen möchte, oder dem E4 folge, der über die Hochplattenscharte praktisch an der Seite vorbei führt.

Der Weg hoch zum Gipfel ist stark frequentiert, allerdings ziehen sich die Wolken immer mehr zu und letztendlich ist mir zu viel Betrieb auf der Strecke. Gefühlt alle, die hier oben sind, gehen auch zum Gipfel, niemand läuft in Richtung Hochplattenscharte.

Also nehme ich diesen Weg und das war die richtige Entscheidung. Es ist ein wunderschöner kleiner Pfad, der durch bunte Pflanzen führt. Es gibt auch Kletterstellen und da ich heute wieder beide Hände frei habe, macht es gleich doppelt Spaß. Nach den ganzen Qualitätswanderwegen, wo man einfach nur drauflos gehen muss, ist das hier wieder eine schöne Abwechslung und ich genieße die Anstrengung.

Oben auf der Scharte habe ich den „äußersten Ostgipfel“ der Kampenwand ganz für mich alleine und auch auf dem Weg nach unten, der mit einigen Seilpassagen abgesichert ist, begegnen mir nur gutgläubige Kühe, keine anderen Wanderer.

Es geht weiter in Richtung Hochplatte, wobei der Weg nun manchmal auf den Weiden noch derart schlammig ist, dass sowohl ich, als auch die anderen Wanderinnen, die ich treffe, große Mühe haben, dort irgendwie durchzukommen. Am Ende gebe ich auf und latsche einfach durch den Schlamm, die Schuhe kann ich später ja nochmal waschen.

Zur Aufmunterung gibt es zwischendurch immerhin einen Abschnitt mit üppig behangenen Blaubeerbüschen. Ein Pärchen hat es sich gemütlich gemacht und kommt aus dem Pflücken und Essen gar nicht mehr heraus. Ich genehmige mir auch zwei, drei Hände voll der perfekt gereiften Blaubeeren, gehe dann aber weiter.

Hinter der Hochplatte, von welcher ich einen schönen Blick auf den Chiemsee habe, gibt es als Nachtisch noch zwei Hände voll süße Himbeeren und kurz danach kann ich an einem kleinen Bach auch meine Schuhe, Socken und Füße reinigen.

Gerade rechtzeitig, da ich mir langsam ein Schlafplätzchen suchen möchte. Es sind nur noch ein paar Kilometer bis nach Marquartstein, da möchte ich aber erst morgen früh ankommen.

Also gehe ich einen kleinen Nebenweg entlang und finde mal wieder sehr schnell ein schönes Plätzchen für mein Tarp. Da es heute Nacht tatsächlich wolkenfrei also sternenklar werden soll, wird es auch gleich ein paar Grad kälter und geht auf 4°C runter! Aber mit den ganzen Klamotten aus dem Care-Paket sollte ich mich ausreichend wärmen können.

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