Unterammergau – Hirschberg

27.08.2021, Tag 3, 27 km, Gesamtdistanz 61 km

So weich und bequem habe ich wohl noch nie draußen geschlafen – einen trockenen Heuschuppen kann ich echt empfehlen! Es war einfach fantastisch. Sicherlich ein bisschen schwierig, in dem Heuhaufen nicht unterzugehen und die richtige Position zu finden, aber das habe ich hinbekommen und dafür so weich wie in einem echten Bett gelegen.

Es war auch schön warm in der Hütte und so bin ich um sechs Uhr gut ausgeruht aufgestanden und habe meine sieben Sachen gepackt.

Schon nach 30 Minuten war ich abmarschbereit und es regnete noch nicht mal.

Es ging natürlich wieder bergauf, in Richtung der drei Hörndl, samt Hörndlhütte. Als ich nach einer Stunde an der Hütte ankomme mangelt es mal wieder an der Fernsicht, alles in weiße Wolken getaucht.

Stört mich aber nicht so. Ich hatte in den letzten Tagen schöne Sichten und jetzt bin ich schon froh, dass es nicht regnet.

Es geht am vorderen, mittleren und hinteren Hörndl vorbei – alle liegen unsichtbar am Wegesrand in dichte Wolken verpackt da. Selbst die Kühe, die ich passiere, haben zu dieser frühen, tristen Stunde noch keine Lust, Gras zu kauen und liegen faul auf dem Boden.

Dann geht es es abwärts. Das hintere Hörndl befindet sich auf 1.548 Meter und nun geht es hinunter nach Grafenaschau auf knapp 700 Meter.

Entsprechend steil und vor allen Dingen lang ist der Abstieg. Und er beginnt damit, dass ich über eine pitschnasse, schlammige Weide muss. Der bis dato gut ausgebaute Schotterweg endet einfach und man soll über die Weide rutschen…ich bin genervt, weil es unmöglich ist, trockene Schuhe zu behalten und ich mehrmals knöcheltief in der aufgelösten Kuhscheiße versinke.

Warum man hier keinen besseren Weg finden konnte…unerklärlich.

Danach geht es dann durch einen Abschnitt, der nur noch mit Unterholz und Büschen bewachsen ist. Außerdem stehen überall die Baumstümpfe der gerodeten Bäume. Das war dann wohl mal Wald und wird auch bald Weideland sein? Schade drum…Immerhin stehen hier jede Menge Himbeersträucher und die Beeren sind auf den Punkt reif und wollen gepflückt werden.

Der nächste Abschnitt ist eigentlich der schönste, weil es jetzt durch Wald weiter bergab geht. Allerdings höre ich schon von weitem die Kettensägen und muss mit ansehen, wie zwei große Bäume fallen.

Dem Wald wird es also genauso ergehen, wie dem darüber gelegenen Teilstück…

Ich habe einige Probleme, mich den Waldarbeitern bemerkbar zu machen, weil der Weg zwar relativ nahe bei ihnen vorbeigeht, aber doch so weit an der Seite, dass immer etwas dazwischen ist. Ich komme den Kettensägen immer näher, aber dann sehen sie mich doch und hören kurz auf. Sie waren aber auch gerade nicht dabei, den dritten Baum zu fällen, sondern die ersten beiden erstmal zu zerlegen und zu entrinden.

Zügig laufe ich weiter bergab und langsam werden die Motorengeräusche wieder leiser und ich kann mich doch noch etwas an dem Wald erfreuen.

Gegen 10:00 Uhr bin ich unten in Grafenaschau angekommen und dann fängt es auch an zu regnen. Vorhergesagt war es ja schon die ganze Zeit, so dass ich nicht überrascht bin. Und da es jetzt mehr als acht Kilometer bis nach Eschenlohe ernsthaft auf der Straße weitergeht, stört mich der Regen noch weniger.

Ich stöpsel mir die Kopfhörer ein und höre Podcasts. Wenn ein stärkerer Schauer kommt, versuche ich mich unterzustellen, aber bei normalem Regen bin ich durch meinen Schirm ausreichend geschützt.

Ein Autofahrer hat Mitleid mit mir, hält neben mir an und fragt, ob ich mitfahren möchte. Aber ich lehne dankend und lachend ab und sage, dass alles gut ist. Ich möchte natürlich meine „connected footsteps“ nicht unterbrechen, also die gesamte Strecke lückenlos selbst laufen.

Mit dem Glockenschlag zu 12:00 Uhr erreiche ich Eschenlohe und jetzt hört es auch auf zu regnen.

Ich wasche in dem Brunnen meine Schuhe, Socken und Füße und will dann in dem kleinen Edeka eigentlich Weintrauben und Snickers kaufen, um meinen Proviant etwas aufzustocken.

Als ich die 4,94 EUR mit Karte zahlen will, heißt es, Kartenzahlung geht erst ab 5 EUR. Mein Hinweis, dass es nicht zulässig ist, Mindestbeträge für Kartenzahlungen zu erheben (in den AGB der Zahlungsdienstleister ist das ausdrücklich verboten), stößt natürlich auf keine Gegenliebe. Also schlage ich vor, sie möge die 6 Cent doch einfach aufrunden. Macht sie dann auch, aber die Zahlung geht trotzdem nicht durch. Bis sich herausstellt, dass der Laden keine Kreditkarten akzeptiert, nur Maestro…ich habe aber nur mein Handy zur Hand und keine Lust mein Bargeld, welches ganz unten im Rucksack liegt, herauszukramen.

Also verzichte ich auf den Einkauf, lasse alles da und gehe mit leeren Händen wieder raus. Ist jetzt auch nicht so dramatisch, da ich ausreichend Proviant dabei habe, bzw. auch auf den Hütten etwas bekomme, aber die Weintrauben sahen schon sehr lecker aus.

So stapfe ich dann weiter auf die nächste Etappe. Es fängt wieder an zu regnen und es geht bergauf. Allerdings weiter auf Straßen…so langsam könnte die Wegführung wieder wanderfreundlicher werden, so einen hohen Straßenanteil wie heute bin ich aus den letzten zehn Tagen nicht gewohnt.

Der Weg windet sich langsam aber stetig den Berg hinauf, rechterhand immer der Fluss und überall schöne Wälder.

Zwischendurch hört es auf zu regnen, aber es ist noch nicht mal 15:00 Uhr – so früh will ich dann doch nicht Schluss machen und so laufe ich weiter.

Dann kreuzt der Bach die Straße und durch den anhaltenden Regen führt er so viel Wasser, dass es unmöglich ist, trockenen Fußes hinüber zu gelangen. Ich muss beim queren sogar aufpassen, nicht den Halt zu verlieren, weil die Strömung so stark ist.

Das ganze folgt dann noch vier mal, da sich die Straße und der Bach immer umeinanderschlängeln und die Seiten tauschen.

Irgendwann verlässt die Route dann doch die Forststraßen und es geht auf einem kleinen Pfad weiter bergan. Auf einer kleinen Zwischenebene in der Nähe des Hirschbergs gelingt es mir, in Wegnähe ein kleines, relativ ebenes, moosbewachsenes Fleckchen Erde zu finden, auf welchem ich mein Tarp aufstellen kann. Da es gerade fast nicht regnet, nur ab und zu ein paar Tropfen von den Bäumen kommen, will ich die Gelegenheit für den Aufbau nutzen.

Es ist zwar auch jetzt erst kurz vor 17:00 Uhr, aber ich habe für heute genug geschafft und dies scheint ein günstiger Rastplatz zu sein.

Ein Gedanke zu “Unterammergau – Hirschberg

  1. Anonymous schreibt:
    Avatar von Unbekannt

    Wir haben wieder mit Freude und teilweise grossem Mitgefühl deine Beiträge gelesen.
    Der Wettergott meint es nicht sehr gut mit Dir. Lass Dich aber weiterhin nicht entmutigen.
    Die schöne Gegend und die herrlichen Häuser sind die Strapazen wert.
    Wir freuen uns auf die weiteren Beiträge und grüßen Dich ganz lieb.
    Mama und Papa

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