21.07.2020, Tag 24, 35 km, Gesamtdistanz 656 km
Der heutige Tag fing ruhig und sonnig an. Ich wanderte die zehn Kilometer bis nach Lindenberg. Um diese frühe Zeit war noch nicht viel los, die Läden hatten zwar schon offen, aber es war noch ruhig und angenehm. Lediglich im und am Badesee war schon einiger Trubel. Die Menschen hatten wahrscheinlich auch den Wetterbericht gelesen und sich gedacht, dass sie lieber das gute Wetter am Vormittag noch nutzen, bevor evt. der Regen kommt.

Die Stadt ist für die Hutherstellung bekannt und es gibt auch ein Hutmuseum, das mich jetzt aber nicht reizte.

Ich ärgerte mich immer noch ein wenig darüber, dass ich gestern doch noch einen Döner und nicht einfach ein zweites Eis gegessen hatte und so hatte ich mir in den Kopf gesetzt, heute nur Eis zu essen. Warum genau weiß ich auch nicht. Die einzige Eisdiele im Ort hatte wahrscheinlich noch nicht offen, aber ich ging trotzdem gucken. Es war fünf nach neun und die Familie war zwar schon am Werkeln, aber die Dame antwortete mir, dass sie erst um zehn öffnen.
Ich trottete gesenkten Hauptes weg, als sie aus dem Laden kam und fragte, ob ich nur Eis wolle. Als ich das bejahte, bat sie mich rein. Da sie sowieso gerade dabei waren, die Eisbehälter in die Vitrine zu hiefen, konnte ich mir doch schon mein Eis zusammenstellen.
Glücklich schleckte ich daran und schlenderte weiter durch Lindenberg. Im Laufe des Tages uferte es dann leider etwas aus und ich kaufte noch zweimal Eis…nachmittags hatte ich dann für eine halbe Stunde starke Bauchschmerzen – die ich als gerechte Strafe mehr oder weniger klaglos akzeptierte.
Von Lindenberg ging es weiter nach Scheidegg. Obwohl ich auf der Wasserläufer-Route unterwegs war, gab es gar nicht so viele Flüsse und Gewässer, eher Felder, Wald und Ortschaften. Aber es war trotzdem eine schöne Route.
An einer Schranke brauchte ich erst einen Moment bis ich das System erkannte – man musste einen Knopf drücken und dann wurde geöffnet. Ich drückte, aber es passierte nichts. Ich drücke nochmal und eine Stimme kuschelt etwas von „komme gleich“ oder so…ich warte und denke mir, wenn jetzt erst jemand angelatscht kommen muss, um die Schranke zu öffnen, hätte ich ja auch einfach unten durchschlüpfen können.
Ich warte aber weiter, möchte die Dane ja nicht umsonst herlaufen lassen. Dann wird mir klar, dass sie vielleicht auch etwas anderes gemeint hat und als ich die Schienen entlangschaue sehe ich ganz hinten einen Zug anrauschen. Na gut, dass ich nicht einfach unten durch gegangen bin…

Als der Zug durch ist, öffnet sich die Schranke auch automatisch…nichts mit vorbeikommen, und ich kann weitergehen.
Scheidegg ist ein nettes Örtchen mit wunderschönen Häusern, die sehr gut erhalten sind. Auf dem Höhenweg hat man dann auch nochmal eine gute Aussicht auf den Ort und dann geht es weiter.
Da ich schon gegen 12:00 Uhr in Scheidegg bin, bricht bei einem Blick in den Wanderführer mein Endspurtfieber aus…bei meiner Planung am Ruhetag in Halblech hatte ich die Ankunft in Oberstaufen noch für Freitag vorgesehen. Relativ schnell hatte sich das dann auf Donnerstag verschoben. Nachdem ich gestern nach der Fahrt bis Eglofs noch weitergewandert bin, hatte ich vor, morgen so weit wie möglich an Oberstaufen ranzulaufen und dann am Donnerstag den ersten Zug in Richtung Berlin zu nehmen.
Jetzt sehe ich aber, dass ich es heute noch locker bis nach Weiler schaffen sollte, was noch 17 km sind. Das würde bedeuten, dass ich morgen nur 24 km bis nach Oberstaufen habe und damit schon morgen Mittag zurückfahren kann.
So viel Spaß wie die Wanderungen insgesamt machen, aber die Aussicht auf mein Bettchen, eine heiße Badewanne und überhaupt meine Wohnung lassen mich dann doch jedesmal am Ende einer Tour immer schneller werden.
Mit dem Wetter habe ich heute auch noch totales Glück. Eigentlich gibt es ab 14:00 Uhr eine 50%ige Regenwahrscheinlichkeit, aber es bleibt bis zum Abend nicht nur trocken, sondern nochmal sehr warm und sonnig, nachdem es am Vormittag schon bewölkt gewesen war. Als ich Abends gemütlich in meinem Quilt liege, fallen ein paar nur halb motivierte Tropfen, aber das kann man keinen Regen nennen. Für morgen Vormittag liegt die Regenwahrscheinlichkeit auch nur bei 50%, vielleicht schaffe ich es ja trocken bis zum Bahnhof.
Als ich kurz hinter Scheffau eine kleine Brücke überquere, bin ich plötzlich in Österreich…das kam jetzt unerwartet, aber ein Blick in die Karte bestätigt, dass der Weg eine kleine Ecke vom Nachbarland streift. 20 Minuten später überquere ich auf der nächsten Brücke schon wieder die Landesgrenze und bin wieder in Deutschland – es kann und sollte auch unbedingt so einfach sein.

Circa fünfhundert Meter vor Weiler stelle ich in einem kleinen Waldstück zum vorerst letzten Mal auf dieser Tour mein Tarp auf. Ich finde ein schönes, weich mit Moos gepolstertes Fleckchen, welches einen würdigen Abschluss bietet und mich bestimmt gut schlafen lässt.




























