Burgruine Falkenstein – Tegelberghaus

13.07.2020, Tag 16 , 23,5 km, Gesamtdistanz 445,5 km

Die Nacht auf dem Steinboden war eigentlich sehr bequem, ich hatte mir eine kleine Stelle ausgesucht, wo zumindest ein wenig Laub und Erde lagen. Nur war es wieder relativ kalt. Ich habe den Dreh auch irgendwie noch nicht so richtig raus…erst schwitze ich und dann friere ich – und habe das Gefühl, dass es der abgekühlte Schweiß ist, der mich frieren lässt, gar nicht unbedingt die Außentemperaturen…

Zu Beginn des Weges gibt es einige Verwirrung bei mir, wo es nun lang geht. Ich bin ja gestern den Originalweg und nicht die Umleitung gegangen. Jetzt ist hier zwar die Umleitung ausgeschildert, aber ich merke erst später, dass es die falsche Richtung ist. Am Ende stellt sich heraus, dass die Umleitung aufgrund der Arbeiten an der Ruine hier endet – der Weg nun aber aufgrund von Sturmschäden gesperrt ist. Dafür gibt es aber keine Umleitung…

Also ziehe ich die digitale Karte auf meinem Handy zurate, die ich extra für die gesamte Strecke runtergeladen hatte und suche mir eine alternative Strecke, die mich zwar erst den Berg runterführt, dann aber schnellstmöglich wieder auf den Originalweg.

Ich komme an der Salober-Alpe vorbei und habe kurz dahinter einen schönen Blick auf die Zugspitze.

Hinten mittig – Zugspitze!

Danach geht es stetig bergab und ich nehme Kurs auf Füssen. Auf dem Weg dorthin komme ich am wunderschönen Alatsee vorbei, dessen Wasser glasklar ist und wo schon jetzt einige Menschen ihre Runden drehen.

Ursprünglich wollte ich ja in Füssen einkehren und eine Nacht in einer Pension schlafen. Allerdings hat mich die Wettervorhersage zum Umplanen bewegt. Ab Mittwoch soll es nämlich drei Tage lang regnen…heute und morgen ist es noch trocken und sonnig. Da werde ich ja nicht heute einkehren und dann drei Tage im Regen rumlatschen.

Also versuche ich heute und morgen noch so weit wie möglich zu kommen und am Mittwoch sollte ich dann in Halblech eintreffen. Und damit es sich lohnt, werde ich dann auch gleich einen kompletten Ruhetag einlegen und erst am Freitag weitermarschieren.

Für heute stand dann also neben Füssen auch die Folgeetappe an, die mich auf den Tegelberg führen würde – auf 1.700 Meter. Als ich das gestern Abend im Zelt gelesen habe, wurde mir schon beim Lesen kalt…da oben mit meinem Tarp zelten dürfte etwas seeeehr kalt werden. Meine einzige Hoffnung war, dass es in der Tegelberghütte noch ein Etagenbett gab, welches man für 29 EUR buchen konnte. Wobei ich keine große Hoffnung hatte, jetzt noch eins abzubekommen, da jetzt in Corona-Zeiten wahrscheinlich auch nicht alle Betten in den Schlafsälen belegt werden durften. Aber probieren wollte ich es natürlich und so drückte ich die Daumen, dass noch ein kleines Eckchen für mich frei sein würde.

Der restliche Weg nach Füssen führte durch einen schönen, lichtdurchfluteten Wald auf bequemen Wegen und um kurz vor zehn Uhr erreiche ich die Altstadt.

Ich entdecke zunächst das WC des örtlichen Museums und lade dort meine Akkus und das Handy auf. Das ist die letzte Gelegenheit für die nächsten Tage, so dass ich froh bin, dass es hier eine Steckdose gibt. Außerdem rufe ich auf der Tegelberghütte an und halte fast die Luft an, als ich nach einem Bett für HEUTE frage. Der nette Mann muss erst nachschauen, aber dann sagt er, kein Problem, ist noch was frei. Halleluja – ich bin super glücklich und mein Tag ist gerettet. Ich muss nicht auf 1.700 Metern erfrieren und heute auch nicht langwierig nach einem Schlafplatz suchen. Und weil ich es verdient habe, bekomme ich heute auch noch eine Dusche und morgen Frühstück, das ist nämlich im Preis enthalten. 🙂

Wo ich schon bei den organisatorischen Dingen bin, rufe ich auch gleich die Pension in Halblech an, die ich bei booking.com herausgesucht hatte und reserviere dort mein Zimmer für zwei Nächte. Damit weiß ich jetzt schon, wo ich in drei Tagen übernachten werde – ganz ungewohnt 😉

Glücklich sehe ich mir die schöne Altstadt von Füssen an, das hohe Schloss hatte mich schon als erstes begrüßt und thront stolz über der Stadt.

Ich kaufe einen neuen Vorrat an Blasenpflastern und auch ein kleines Handtuch, welches ich heute Abend auf der Hütte brauchen werde.

Füssen

Dann suche ich etwas zu Essen. Die Wahl ist immer gar nicht so einfach, aber nicht weil ich mich nicht entscheiden könnte, sondern vielmehr weil ich schon seit Beginn der Wanderung keinen richtigen Appetit und auch nur sehr wenig Hunger habe…ist ganz ungewohnt für mich, erst Recht auf so einer Tour, aber hilft mir andererseits, nicht zu viel in mich hineinzustopfen.

Ich entscheide mich für Nudeln und suche einen Italiener. Der ausgeschilderte hat aber Montags Ruhetag…und als ich um die nächste Ecke komme, steigt mir ein wohlbekannter und geliebter Duft in die Nase.

Ich stehe vor der „Döner-Box“ und mein Appetit kehrt plötzlich zurück. 😉

Also plane ich spontan um und gönne mir einen Döner – und er ist super lecker! Von den 50g Känguruh-Jerky vorgestern abgesehen, ist das das erste Fleisch seit dreieinhalb Monaten, das ich esse, und es schmeckt wirklich vorzüglich. Ich habe auch extra darauf bestanden, dass es gut angebraten ist.

natürlich mit Knoblauchsauce 🙂

Dann mache ich mich langsam auf den Weg zur nächsten Etappe und schaffe es, an zwei Eisdielen vorbeizugehen…bei der dritten luge ich aber nach den Sorten, die sie haben und entdecke „Black Forest“!

Damit ist mein Schicksal besiegelt und ich muss mir Eis kaufen. Black Forest ist Schokoeis mit Kirschen und Kirschsoße und schmeckt sehr gut, wenn auch nicht so wie in Neuseeland, wo es ja eher in die Himbeerrichtung geht.

Glücklich schlecke ich das Eis, während ich Füssen endgültig verlasse und den Anstieg zum Kalvarienberg bewältige.

Der Kraftakt lohnt sich aber, von oben hat man nämlich einen excellenten Blick auf Füssen – und auf der anderen Seite auf die beiden Schlösser, die meine nächsten Wegpunkte darstellen. Das Schloss Hohenschwangau und Neuschwanstein.

Zunächst geht es aber wieder abwärts und am Schwan- und Alpsee vorbei. Am Alpsee steht auch das Schloss Hohenschwangau und als erstes sehe ich einen Reisebus…es ist alles voll und trubelig, wobei ich mir sehr gut vorstellen kann, dass das hier noch die ruhigere Variante aufgrund Corona ist…normalerweise wird man hier nicht treten können vor lauter Menschen.

Schloss Schwangau

Ich gehe zügig weiter und mache mich an den kurzen Anstieg zum Schloss Neuschwanstein – bzw genauer zur Marienbrücke, von welcher man das Schloss am Besten fotografieren kann. Von innen besichtigen möchte ich es gar nicht.

Als ich mich der Brücke nähere, stolpere ich fast über eine lange Schlange von Menschen, die anstehen…wo wollen die denn…nein, oder? Bitte nicht…die stehen doch nicht etwa für die Marienbrücke an?!?

Nur ein kleiner Teil der Warteschlange

Ich frage sicherheitshalber nach, kenne die Antwort aber schon. Die stehen wirklich alle an, um auf die Brücke zu kommen und Fotos machen zu können! Ich frage Personen, die gerade zurückkommen, wie lange sie angestanden haben und sie antworten circa 45 Minuten – also eine Stunde, man verschätzt sich bei sowas meistens…

Na toll…unabhängig davon, dass ich durchaus auch Fotos auf der Brücke machen möchte, muss ich in jedem Fall da hin, da der Wanderweg über die Brücke und dahinter weiterführt. Und ich habe noch zweieinhalb bis drei Stunden steilen Aufstieg zum Tegelberghaus vor mir…

Ich rufe zunächst in der Hütte an und teile mit, dass ich an der Brücke warten muss und deshalb später komme, aber dass ich auf jeden Fall komme. Ich hatte nämlich auf deren Homepage gelesen, dass unbezahlte Reservierungen nur bei Ankunft bis 16:00 Uhr gelten und ein wenig Angst, dass mein Bettchen dann anderweitig vergeben wird. Immerhin war es jetzt schon 16:00 Uhr. Aber der nette Kerl war ganz entspannt und bestätigte mir, dass es kein Problem war, später einzutreffen.

Meine zweite Sorge galt der Sonne. Es sollte heute eigentlich schon ab 14/15 Uhr bewölkt sein und ich hatte schöne Fotos vom Schloss schon abgeschrieben gehabt, aber aktuell schien die Sonne noch und es gab nur einige dünne Schleierwolken am Himmel. Wenn ich jetzt aber noch eine Stunde warten musste, konnte das natürlich dann ganz anders aussehen.

Half aber alles nichts, ich versuchte meine schmerzenden Füße zu ignorieren und nutzte die Zeit in der Warteschlange um schon mal mit diesem Artikel anzufangen.

Nach 55 Minuten war ich dann auch vorne beim Sicherheitsmann angelangt, setzte pflichtbewusst die Maske auf und durfte dann auf DIE Brücke.

Schloss Neuschwanstein – is schon schön

Was mir vorher niemand gesagt hatte – die Schlucht unter der Brücke ist super tief! Und die Holzbalken, die den Boden bilden, biegen sich durch, wenn eine Person draufgeht! Ich musste mich erstmal festhalten und orientieren. Meine Höhenangst meldete sich zu Wort, aber ich tat so, als ob ich sie nicht hören würde und fing an Fotos und Videos zu machen.

Nachdem ich auch andere geknipst und die wiederum mich abgelichtet hatten, konnte ich das wacklige Höllenteil endlich verlassen und mich an den Aufstieg zum Tegelberg machen. Es war jetzt 17:00 Uhr und die Schilder zeigten 2,5 bzw. 3 h Gehzeit an. Na dann mal los…

Obwohl ich relativ langsam war, weil ich viel filmte und einige Fotos schoss, war ich schon nach zwei Stunden oben am Tegelberghaus – und super glücklich, dass ich hier einkehren konnte.

Es stellte sich heraus, dass es nur sehr wenige Übernachtungsgäste gibt und ich sogar ein Achtbettzimmer ganz für mich alleine habe! Ein Traum…

Entspannt gönne ich mir ein Almdudler und genieße den Feierabend auf der Terrasse.

Feierabend

Als die Sonne dann aber doch hinter Wolken verschwindet wird es schnell kalt und ich gehe auf mein Zimmer. Die Dusche kostet 2 EUR für 4 Minuten, aber das gönne ich mir natürlich – meine erste Dusche seit acht Tagen! Herrlich und schön warmes Wasser.

Als ich mein Bett bezahlt hatte, fragten die Gastgeber, wann ich frühstücken wolle. Ich sagte, geht ja erst ab sieben Uhr, richtig? (So stand es auf der Homepage) Da zuckten sie aber schon zusammen. Als ich dann noch fragte, ob es vielleicht noch früher gehen würde, sagten sie sofort, dass es dann ein Lunchpaket geben würde, so früh gibt es kein Frühstück. Das war mir sehr recht, konnte ich doch dadurch zu meiner gewohnten Zeit losgehen und musste auf nichts warten.

Am Rande hatte ich ein Gespräch zwischen dem Wirt und einem anderen Gast entnommen, dass es aktuell aufgrund Corona wirklich wenige Übernachtungsgäste gibt und die Hütte teilweise ganz geschlossen ist, wenn keine Gäste angekündigt sind. Insbesondere die Tschechen fehlen wohl, weil die noch nicht ohne Quarantänezeit nach D kommen könnten. Hmmm und ich hätte gedacht, jetzt wo ganz Deutschland in Deutschland Urlaub macht, ist hier die Hölle los. Andererseits verstehe ich es aber auch, wenn man dann nicht in einem Mehrbettzimmer übernachten möchte. Für mich war das ja auch nur notgedrungen, weil ich hier oben nicht zelten wollte.

Am Ende konnte ich ganz gemütlich aus meinem Fenster heraus noch den Sonnenuntergang beobachten – den ersten in diesem Urlaub…sonst schlafe ich um diese Zeit meistens schon oder liege im Wald, wo ich auch nichts sehen kann.

Jetzt genieße ich also mein Einzelzimmer und morgen gehts auf eine spannende Bergetappe.

PS: ich würde sagen, der heutige Tag übernimmt den Spitzenplatz als „schönster Urlaubstag“.

Ein Gedanke zu “Burgruine Falkenstein – Tegelberghaus

  1. Anonymous schreibt:
    Avatar von Unbekannt

    Dieser Tagesbericht war fantastisch und wir verstehen, dass er zu den schönsten deiner
    bisherigen Tagestouren gehört. Wir sind froh, dass Du die nächsten Tage eine Unterkunft
    hast. Die Kälte der Nächte ist nicht gut für Deine Gesundheit.
    Wir haben schon bei Petrus angerufen und um bessere Nachttemperaturen gebeten, aber
    er konnte uns keine verbindliche Zusage machen.
    Also schlafe gut und habe morgen enen schönen Tag.
    Mama und Papa

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