26.02. – 04.03., 7 Tage, 198 km, Gesamtkilometer: 2.443
Auf Wunsch einer einzelnen Dame habe ich den Artikel nicht gekürzt…also vielleicht nochmal was zu trinken holen und dann…viel Spaß…;-)
Während ich mit Arisa und Josh im Hostel sitze und wir die zwei Liter Eis vernichten, überlegen wir, wie man am Besten zum Beginn des nächsten Abschnitts kommt. Nach Lake Coleridge kommt der Rakaia River, ein großer Fluss, der nicht Teil des Te Araroa ist, weil es wohl zu gefährlich ist, ihn zu furten. Momentan führt er zwar sehr wenig Wasser und ich hätte schon Lust es zu versuchen, aber dazu müsste ich auch erstmal wieder nach Lake Coleridge und die Tour nach Methven war schon schwer genug, so dass ich keine Lust auf den Rückweg habe.
Der TA geht offiziell auf der anderen Seite des Rakaia weiter, wobei es fast noch schwerer sein soll, dorthin zu kommen. In der Woche fährt morgens ein Schulbus, mit dem man für 20 Dollar fahren könnte, aber morgen ist natürlich Sonntag. Und ich will unbedingt weiter und nicht schon wieder einen Zeroday einlegen (müssen).
Also stehe ich pünktlich auf, dusche nochmal, frühstücke ordentlich und laufe dann im Nieselregen zum Ortsausgang von Methven. An der Straße ist es sehr ruhig…keine Autos…hmm…das kann ja lustig werden, wenn schon hier keine Autos kommen. Als ich gerade überlege mich an eine andere Straße zu stellen und dann evt über einen Umweg zum Ziel zu gelangen, kommt doch noch ein Auto, das auch anhält. Der nette junge Mann will heute noch nach Nelson und nimmt mich bis zu der Kreuzung mit, an der die Straße zum Trackstart beginnt. Von dort sind es noch 34km bis zum Track…da hier nun wirklich kein Auto mehr lang kommt, laufe ich erstmal los und hoffe allerdings, dass ich nicht die gesamte Strecke laufen muss. Nach cirka 15 Minuten kommt ein Auto angefahren…ich bringe mich in Position, gucke hoffnungsvoll und halte den Daumen raus – und das Auto hält an 🙂
Der Mann ist total nett und mir super symphatisch…er strahlt so eine gewisse Gelassenheit und innere Ruhe aus…und das obwohl er drei Farmen besitzt und nun auf dem Weg zu einer davon ist – er muss die Kartoffeln besprühen. Wir unterhalten uns gut und als er mich an seiner Farm rauslässt, sind es nur noch zehn Kilometer bis zum Trailstart. Ich mache mich auf den Weg und bestaune die Schafe und Kartoffelfelder von dem Farmer, als dieser von hinten mit einem Traktor angefahren kommt. Ich gehe zur Seite und will ihn vorbeilassen, aber er ruft, ich solle aufspringen, er kann mich noch weitere 300 Meter mitnehmen. Also erklimme ich die Stufen auf der Beifahrerseite und halte mich gut fest, während der Traktor weitertuckert. Das macht so einen Spaß!! Ich bin total glücklich, das ist die beste Mitfahrgelegenheit bisher 🙂
Nach 300 Metern springe ich wieder ab und der Farmer biegt lachend auf sein Feld ein. 
Ich laufe gut gelaunt weiter. Nach einer halben Stunde kommen zwei Autos von hinten angefahren. Ich halte wieder mein Däumchen raus und das zweite Auto hält an – cool! Und wieder ein total netter Kerl…er ist auf dem Weg zum Angeln im Rakaia River und wir halten manchmal kurz an, damit er aus dem Fenster auf den ca. 20 Meter tiefer liegenden Fluss gucken kann, ob es dort Fische gibt. An den Stellen gibt es heute wohl keine, so dass er an eine andere Stelle fahren wird. Er bringt mich direkt bis zum Beginn des Tracks und wünscht mir noch einen guten Weg, bevor er weiterbraust.
Das hat doch super geklappt! Von wegen hier fahren keine Autos…es ist jetzt dreiviertel elf und mittlerweile ist das Wetter auch richtig gut geworden, es regnet schon lange nicht mehr und die Wolken lockern immer mehr auf.
Ich habe allerbeste Laune und laufe über Weiden in Richtung Sattel. Einige Kühe liegen faul direkt auf dem Weg und machen auch überhaupt keine Anstalten, sich zur Seite zu bewegen – gut, dann gehe ich eben außen rum, kein Problem.

zu faul zum Aufstehen…
Hinter dem Sattel bleibt der Weg noch eine Weile auf der Höhe, bevor er ganz langsam ins Tal hinabklettert. Um mich herum schwirren tausend Insekten und machen einen Höllenlärm. Es zirpt, summt und surrt den gesamten restlichen Tag, so dass ich wahrscheinlich noch nachts die Geräusche im Ohr haben werde. Eine Insektenart sieht aus wie schwarze Asseln mit Flügeln und sitzt am liebsten direkt auf dem Boden. Wenn ich angestapft komme, fliegen sie ein kurzes Stück und setzen sich wieder auf den Weg…ich hoffe, dass sie es immer rechtzeitig schaffen, weiterzufliegen.
Und immer wieder knallen irgendwelche Insekten volle Kanne gegen mich…ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich nur am Wind liegt, oder die einfach keine Peilung haben, wo sie langfliegen…
Meine gute Laune können sie aber nicht verderben und bei feinstem Sonnenschein komme ich schon kurz nach 16:00 Uhr an der Hütte an, in der ich heute übernachten will. Dafür, dass ich heute früh noch nicht wusste, ob ich es überhaupt auf den Trail schaffe, bin ich genug gelaufen und habe mir einen frühen und entspannten Feierabend verdient. Er wird noch entspannter, weil ich alleine in der Hütte bin und alles in allem war das einer der schönsten Tage bisher auf dem TA!
Der nächste Tag beginnt leider nicht so schön, wie der vorherige aufgehört hat…gleich zu Beginn muss ich an einem Fluss entlang – bzw. ständig durch den Fluss, weil er sich so breit durch das schmale Tal schlängelt, dass er immer wieder gequert werden muss – und das Wasser ist so kalt!!! Meine Füße sind mal wieder kurz vorm Erfrieren und ich warte sehnsüchtig darauf, dass die Sonne raus kommt und der Weg endlich neben dem Fluss und nicht im Fluss weitergeht…nach einer guten Stunde ist es endlich soweit und mir wird wieder wärmer. Auch weil es jetzt steil nach oben geht zum Clent Hills Saddle auf 1.480 Metern. Die Aussicht ist fantastisch und ich mache mich erst nach einer kurzen Pause wieder auf den Weg.

Clent Hills Saddle
Es geht hinab zum Lake Heron Basin, eine riesige Ebene, die nur spärlich mit, jetzt im Spätsommer vertrocknetem, Gras und Tussockstauden bewachsen ist…und dann gibt es da noch eine andere Grassorte, die ziemlich fies ist, weil sie extrem „scharfe“ Kanten und einen festen Stachel vorne dran hat – wenn man nur leicht mit dem Bein dagegenstößt, piekt sie sich schon durch die Haut und es blutet – und tut weh 😦 ich lerne relativ schnell, diese Pflanze zu meiden – oder es zumindest zu versuchen…

fieses Cutting-Grass
Auch heute ist es wieder ein einziges Zirpkonzert um mich herum, die Insekten machen unglaublich viel Lärm, aber es klingt gut und ich erfreue mich an dem chaotischen Konzert.
Ich komme schon um 16:00 Uhr an der letzten Hütte auf diesem Track an…ich will nicht schon wieder so einen kurzen Tag machen, aber das nächste Wasser gibt es erst zu Beginn des nächsten Tracks und bis dahin sind es noch 12 Kilometer bei voller Sonne…hmmm…nun denn…ich nehme ausnahmsweise mal mehr als einen Liter Wasser mit und laufe weiter. Nach einem letzten kurzen aber knackigen Anstieg verläuft der Weg nur noch auf alten Fahrwegen oder richtiger Straße und ich komme gut voran. Um kurz vor 19 Uhr bin ich an dem überraschend großen Fluss. Aber als ich unter der Brücke zum Wasser klettere, kommt mir ein faulig-fischiger Geruch entgegen…och nö…und das Wasser ist auch nicht klar, sondern eher milchig…selbst wenn ich es filtere, kann ich es zwar trinken, aber der Geschmack bleibt, und der wird nicht so toll sein…Menno…bis zum nächsten Fluss sind es nochmal fünf Kilometer… die Sonne geht erst um 21:00 Uhr unter, das würde ich also schaffen…hmmm…nun denn…laufe ich also nochmal weiter…
Am Ende geht aber alles gut, ich komme um 20:00 Uhr an dem kleinen, sauberen Fluss an, finde relativ schnell einen schönen Zeltplatz und kann noch im hellen Essen kochen. Mein Rücken ist ein einziger, verkrampfter schmerzender Klotz und meine Füße tun auch weh…als ich die Tageskilometer zusammenrechne wird mir aber auch klar warum…38 km bin ich heute gelaufen – und das bei der gar nicht so einfachen Strecke…
Am dritten Tag geht es vormittags wieder durch ein langgestrecktes Tal und mittags komme ich am Rangitata River an. Das ist der zweite Fluss auf der Strecke, der offiziell nicht (mehr?) zum TA gehört, weil es meistens zu gefährlich ist, ihn zu crossen. Jetzt im Spätsommer allerdings führt er so wenig Wasser, dass es möglich ist. Die Northbounder (TA-Hiker, die von Süden nach Norden laufen), die mir in den letzten Tagen entgegen gekommen sind, haben ihn alle problemlos gequert. Also laufe ich auch weiter, zumal eine Umfahrung einen Umweg von mehr als 100km bedeuten würde, weil die nächste Stadt so weit weg ist! Das Tal ist super breit und ich kann noch gar nicht genau erkennen, wo ich eigentlich am Ende ankommen muss. Ich stapfe eine Stunde durch vertrocknete, stachelige Pflanzen und Gräser, bis ich endlich an dem ersten Flussarm stehe. Das Wasser ist knietief, aber mithilfe des stabilen Stocks, den ich mir vorher gesucht hatte, komme ich trocken rüber. Danach kommt nur noch ein anderer größerer Flussarm und ansonsten nur kleine, harmlose. Danach geht es wieder lange im trockenen, steinigen Flussbett entlang und erst nach insgesamt drei Stunden erreiche ich den Beginn des nächsten Tracks. Das waren sechs bis sieben Kilometer! Hätte ich nicht gedacht, dass sich das so zieht.

Rangitata-Valley
An diesem Abend erreiche ich die nächste Hütte nicht mehr, weil ich um 19:00 Uhr unten am Fluss ankomme und laut den Notes soll es jetzt nochmal eine Stunde bis zur Hütte sein und es geht nur steil bergauf. Also schlage ich mein Zelt am Fluss auf und mache mich am nächsten Morgen an den Aufstieg. Es ist zwar wirklich steil, aber ich stehe schon nach einer halben Stunde vor der Hütte…egal, ich schlafe sowieso lieber im Zelt, weil ich da ungestört bin. In der Hütte treffe ich auf die French Guys…sie haben die Richmond Ranges ausgelassen, deswegen waren sie jetzt wieder vor mir, zuletzt hatte ich sie ja auf dem Abel Tasman Track getroffen.
Nach den letzten langen und anstrengenden Tagen brauche ich heute mal wieder einen kurzen Tag und so laufe ich nur 17km bis zur Royal Hut, die so heißt, weil Prince Charles und Prinzessin Anne als Kinder diese Hütte besucht haben…sie ist also schon etwas älter, aber es gibt hier sogar Teetassen 🙂
Da ich schon so früh Feierabend habe, nutze ich die Zeit und Gelegenheit und springe in den Fluss bei der Hütte. Ich wasche erst mich und dann meine Klamotten mit (biologisch abbaubarer) Seife und fühle mich wie neugeboren – komplett sauber und das mitten auf dem Track! Ein Traum 🙂
Von der Royal Hut hat man einen schönen Blick auf die morgige Strecke…es steht ein Highlight des Te Araroa an…der Stag Saddle, der höchste Punkt auf dem TA.

oben links an den dunklen Steinen vorbei gehts über den Stag Saddle
Ich laufe morgens pünktlich um halb acht los und bin zwei Stunden später schon oben…auf 1.925 Metern. Am blauen Himmel sind nur kleine Wölkchen zu sehen und die Aussicht über die Berge und auf den Lake Tekapo ist traumhaft! Es ist fantastisch und dieses Highlight muss natürlich gebührlich gefeiert werden – also hole ich eine Tüte Gummitierchen und eine Tafel Schokolade aus dem Rucksack, setze mich auf einen Stein und nasche gemütlich vor mich hin, während ich einige Mails und Nachrichten schreibe.

völlig entspannt auf dem höchsten Punkt des TA 🙂

auf dem Kamm rechts geht es entlang – traumhaft!!!
Und dann kommt der noch bessere Teil…es geht auf dem Kamm der Bergkette wieder hinunter…ich habe das Gefühl, auf dem Dach der Welt zu laufen! Und wenn ich stehenbleibe ist alles ruhig, nichts zu hören…fantastisch!!! Ich hüpfe vor guter Laune fast über den Weg und würde am Liebsten hier oben bleiben…aber der Weg führt nach unten und abends komme ich an dem azurblauen Lake Coleridge an.

Lake Coleridge
Dort übernachte ich und laufe am nächsten Tag schon um sechs Uhr, also noch im Dunkeln los, weil ich heute einen besonders langen Weg vor mir habe. Zur Belohnung gibts einen wundervollen Sonnenaufgang und im Ort Burger, Obst und Toasties. 
Nach zwei Stunden Aufenthalt gehts am Lake Tekapo Kanal entlang. Der Kanal ist Teil des Tekapo Elektrizitätswerks, welches mit einer 187 Megawattanlage zu Beginn des Kanals Strom aus dem Wasser des Lake Coleridge generiert.

Tekapo Powerstation
Der Kanal ist ca. 30km lang, an seinem Ende steht die nächste Powerstation und man kann nirgendwo zelten, so dass ich in einem Rutsch durchlaufen muss. Wäre nicht so dass Problem, da es nur Straße ist, wenn der Wind nicht wäre!!! Die ersten vier Kilometer sind noch ganz normal, die Sonne scheint und es geht ein leichter Wind. Aber dann geht es in eine Kurve und der Erdwall auf der anderen Seite endet, wir sind jetzt direkt in einem großen, flachen Tal – und dann kommt der Wind…er ist so stark, dass ich zur Seite geschubst werde und mich richtig dagegen lehnen muss. Ich wollte eigentlich auf dieser nicht so abwechslungsreichen Strecke Podcasts hören, verstehe aber trotz hoher Lautstärke kein Wort und gebe es auf…

Lake Tekapo Canal
Der Wind begleitet uns auf fast der kompletten Strecke, Pause mache ich in dem kleinen Windschatten einer Brücke und am Ende gibt es sogar eine Route auf der anderen Seite des Damms für den Fall von starkem Wind…die nehme ich natürlich, aber auch da pfeift der Wind mir um die Ohren – hier unten besteht nur nicht die Gefahr, dass ich ins Wasser gewedelt werde…
Nach knapp sechs Stunden ist es endlich geschafft…ich habe das Ende des Kanals erreicht, in dem sich übrigens eine Lachsfarm befindet. Das führt dazu, dass direkt daneben zig Angler stehen und versuchen die Lachse, die ausbüchsen konnten, zu fangen.
Der Kanal mündet in den Lake Pukaki – der genauso blau leuchtet wie der Lake Tekapo. Es gibt wunderschöne Zeltplätze am Ufer, aber ich habe mir für heute etwas Besonderes vorgenommen…ich muss noch vier Kilometer laufen, dann habe ich es geschafft – mein erster (und letzter!?!) 50 Kilometer Tag! Das hatte sich auf dieser Strecke einfach angeboten und wollte ich auch mal machen – kann ich jetzt also abhaken 😉 Ich gehöre ja nicht zu der Hikergruppe, für die das ein normales Tagespensum ist…
Am nächsten Morgen geht beim Zelt abbauen mein Trekkingstock kaputt…das ist ungünstig, weil ich sowieso nur noch den einen habe, der erste ist schon auf der Nordinsel kaputt gegangen. Jetzt ist das Gewinde im obersten Segment stecken geblieben und von dem Mittelsegment abgebrochen…toll…immerhin sind es nur noch zwanzig Kilometer bis nach Twizel, dort muss ich mir also einen neuen kaufen. Der Weg führt die ersten zehn Kilometer direkt am See entlang und ich habe die ganze Zeit einen guten Blick auf Mount Cook – den höchsten Berg Neuseelands. Ich will von Twizel aus eigentlich einen Abstecher dorthin unternehmen, die Wettervorhersage kündigt aber leider schlechte Aussichten an, so dass ich vorerst darauf verzichten muss.

Lake Pukaki und Mount Cook
In Twizel gibt es tatsächlich zwei Läden, die Trekkingstöcker im Angebot haben, aber als ich einen in die Hand nehme, fällt mir diese fast ab…der wiegt bestimmt einen Zentner! Och nö… ich will nicht so einen schweren Stock mitschleppen…an einem steht das Gewicht dran – 340 Gramm!!! Das ist mehr als meine beiden Stöcker zusammen gewogen haben! Nee…da sind die nächsten Schmerzen ja vorprogrammiert. Ich setze mich deprimiert vor dem Laden auf eine Bank und schaue mir meinen Stock nochmal an. Dabei fällt mir auf, dass ich die beiden Segemente immer noch verbinden kann – ich kann den Stock nur nicht mehr in der Höhe verstellen, aber als Zeltstange sollte es funktionieren, dafür ist er ja eingestellt. Cool, ich brauche keine Bleistange zu kaufen 🙂
Glücklich quartiere ich mich im Holiday Park ein (sämtliche andere Unterkünfte sind ausgebucht), baue mein Zelt auf, gehe einkaufen und verbringe den Nachmittag wieder mit den üblichen Ruhetags-Aktivitäten – essen, duschen, Wäsche waschen, essen, Haare färben, im Internet surfen, essen…dieses Mal helfen mir Sarah und Dennis (USA) bei der 2-Liter-Packung Eis 😉