St. Arnaud – Nelson Lakes National Park – Waiau Pass – Boyle Village

11.02. – 16.02., 6 Tage, 103 km, Gesamtkilometer: 2.048 km

Da ich auf einem Zeltplatz untergekommen bin, kann ich leider nicht duschen, aber ich stehe extra früh auf, um mich intensiv am Wasserhahn zu waschen, ohne, dass die anderen mich sehen. Es sind fünf Grad und das Wasser ist noch kälter, brrr…

Den Tag in St. Arnaud verbringe ich hauptsächlich damit darauf zu warten, dass meine Powerbank aufgeladen wird, die ich beim DOC-Center gleich morgens abgegeben hatte. Und natürlich hole ich mein erstes Essenspaket ab und erschrecke ein wenig, als ich auf dem Aufkleber das Gewicht lese…acht Kilogramm! Und das soll ich jetzt alles mitschleppen?!? Na toll…

Ich habe noch relativ viel Essen von dem letzten Abschnitt übrig und schon seit einigen Tagen überlegt, dass ich zusammen mit dem Paket, in dem Essen für acht Tage ist, eigentlich auch bis nach Arthur’s Pass durchkommen müsste…eigentlich wollte ich zwischendurch in Boyle nochmal in eine Stadt hitchen, aber das Essen müsste für beide Abschnitte reichen, wenn ich mich ein wenig einschränke.

Also packe ich ca. zehn Kilo Essen in den Rucksack und schleppe damit insgesamt mindestens 16kg mit mir rum…

Nachmittags hole ich die Powerbank ab und will nur noch einen Burger essen, bevor ich weiterlaufe, aber ich komme genau um 16:00 Uhr an der Tanke an und um diese Zeit schließt die Küche. Das heißt entweder ich esse keinen Burger oder ich muss eine Stunde warten, bis der Fish&Chips-Imbiss nebenan öffnet. Ich warte natürlich, esse einen super leckeren Cheeseburger und laufe um 17:30 Uhr los.

Rotoiti Lake

Für diesen Tag stehen nur 11km bis zur ersten Hütte auf dem Programm. Es geht immer am Rotoiti Lake entlang und das leise Plätschern der Wellen am Ufer passt gut zu der untergehenden Sonne. Um 20:00 Uhr komme ich an der Hütte an, die trotz mehr als 20 Betten schon sehr voll und total warm ist. Ich bin froh, nicht länger als nötig hier bleiben zu müssen und starte am nächsten Morgen früh.
Die Wetteraussichten für die nächsten Tage sind leider nicht so gut. Einen Tag soll es noch gut bleiben und dann zwei Tage stark regnen und die Schneefallgrenze sinkt auf unter 2.000 Meter…letzteres ist insbesondere ungünstig, weil auf der Route zwei Pässe mit 1.700 und 1.800 Metern liegen. Und der erste Pass, der Traverse Saddle, ist nur knapp 20km entfernt. Mein ursprünglicher Plan lautete, am zweiten Tag bis zu der Hütte vor dem Sattel zu laufen, dort zwei Tage abzuwettern und dann über den Sattel weiterzuwandern. Da ich aber schon um halb zwei nachmittags an der Hütte ankomme und es noch gutes Wetter ist, laufe ich doch noch über den Sattel.

Nelson Lakes National Park

Als ich gerade oben angekommen bin, ziehen sich die Wolken zu einer dunklen, bedrohlichen Masse zusammen. Ich ziehe meine Regenklamotten an, aber zunächst bleibt es trocken. Der Abstieg ist sehr steil und ich brauche mal wieder ewig, aber um 20:00 Uhr bin ich an der West Sabine Hut. Kurz bevor ich da bin, fängt es an zu regnen und hört dann auch wirklich für anderthalb Tage so gut wie nicht mehr auf. Ich verbringe einen Tag in der Hütte, gemeinsam mit zwölf anderen Hikern, die auch auf besseres Wetter warten. Am zweiten Regentag laufe ich dann die sieben Kilometer bis zur nächsten Hütte, damit ich näher an dem nächsten Pass bin. Die Wanderung im Regen macht eigentlich ziemlich Spaß, zumal es gar nicht mehr so doll regnet und im Laufe des Vormittags auch aufhört. Der Weg hat sich größtenteils in einen Bach verwandelt und ich stapfe munter durch das Wasser – dass ich heute nass werde, stand ja von vornherein fest, stört mich dann also auch nicht mehr. Nur zwei Rivercrossings erweisen sich als etwas anspruchsvoller, da die Flüsse so dermaßen voll und schnell sind, dass ich ganz schön aufpassen muss, nicht von der starken Strömung weggerissen zu werden. Aber ich komme heil hinüber, auch weil es keine sehr breiten Flüsse sind.

nicht so leicht, rüberzukommen…aber geschafft

Um elf Uhr erreiche ich schon die Hütte und da meine Klamotten sowieso pitschnass sind, wasche ich sie gleich alle durch. Dann steht auch in dieser Hütte wieder warten an, die Hütte ist ebenfalls proppenvoll, aber immerhin sind auch Jo und Michi dort. Schon seit den Richmond Ranges versuche ich sie einzuholen, sie waren anfangs zwei Tage vor mir, aber jetzt habe ich sie endlich.
Ab Mittags hört es auf zu regnen und am späten Nachmittag scheint wieder die Sonne und wir bestaunen den frischen, glitzernden Schnee, der auf den Berggipfeln gestern gefallen ist. Irgendwo da müssen wir morgen rüber und wir freuen uns alle. Viele der anderen Wanderer haben seit zwei Tagen in dieser Hütte gesessen und schon richtig Hummeln im Hintern.

frische Schneehaube

Am nächsten Morgen starten die ersten noch bevor es richtig hell ist, da sie heute bis zur nächsten Hütte kommen wollen und das sind mal locker 40 Kilometer! Ich werde nur die halbe Strecke laufen und dann zelten, dafür schleppe ich das schwere Teil ja schließlich mit. 😉
Doch zunächst geht es bei Bodenfrost am Blue Lake vorbei hinauf zum Constance Lake. Dort erklimmen wir einen steilen, steinigen Hang, nur um dann alle wieder runter bis zum See zu klettern…toll…

Nach gut zwei Stunden stehe ich vor dem Waiau Pass. Ich sehe den steinigen Berghang hinauf und erkenne ganz oben, ganz klein zwei Hiker. Das ist ganz schön steil…aber bergauf liegt mir ja besser als runter. Also verdrücke ich noch einen Müsliriegel und los gehts.

da muss ich hoch

Das Geröll ist ganz schön locker und ich rutsche oft weg und löse kleine Steinlawinen aus und steil ist es auch…und anstrengend…Schritt für Schritt klettere ich nach oben, aber immer wenn ich hochsehe ist es immer noch so weit. Mein Rücken tut weh und meine Beine werden müde. Trotz der beiden Ruhetage habe ich immer noch sehr viel Essen dabei…warum muss ich eigentlich auf den zweithöchsten Punkt des TA, den der Waiau Pass darstellt, den schwersten Rucksack schleppen, den ich bis jetzt mit hatte?!?!
Irgendwann erreiche ich ein Zwischenstück, wo es nicht ganz so steil weitergeht und dann kommt der finale Anstieg…da die Sonne jetzt auch auf dieser Seite des Hangs scheint, liegt kein Schnee mehr, aber ich sehe noch die letzten Eiskristalle wegschmelzen. Die letzten Meter geht es so schnurgerade hinauf, dass ich fast mehr runter rutsche, als ich hinauf komme, aber nach 1:15 h stehe ich endlich auf dem 1.870 Meter hohen Waiau Pass.

Es ist fantastisch!

auf dem Waiau Pass, 1.870 Meter

Ich bin so froh, dass ich es geschafft habe und die Aussicht ist perfekt, blauer Himmel mit ein paar Schäfchenwolken und Sonnenschein. Besser kann es nicht sein und ich bin froh, die zwei Tage abgewartet zu haben.
Nach einem Belohnungs-Müsliriegel geht es dann an den Abstieg und der ist gewohnt unangenehm…ich muss teilweise wieder klettern und tue mich wie immer schwer mit dem runterkommen…andere sind viel schneller und gehen unverkrampfter an das Thema ran. 1:25 h brauche ich bis hinunter zum Fluss, an dem es dann den restlichen Tag entlang geht. Zunächst drei Kilometer über Steinlawinenreste, was ziemlich beschwerlich ist und wo man nur langsam voran kommt, aber danach wird das Tal breiter und es geht über Wiesen neben dem Wasser entlang.

Kurz vor Feierabend muss ich den Fluss queren und offensichtlich suche ich mir eine ungünstige Stelle aus, ich habe nämlich massive Probleme, nicht vom Wasser mitgerissen zu werden. Die Strömung ist so stark, dass die Steine unter meinen Füßen weggeschwemmt werden und ich so keinen festen Halt habe, aber ich schaffe es, trocken hinüber zu kommen…Glück gehabt.

Kurz darauf soll man wieder zurück auf die andere Seite…ohne mich! Ich bleibe links und laufe dort weiter bis eine Stelle kommt, wo ich wirklich problemlos durch den Fluss komme. Kurz darauf baue ich mein Zelt auf der Wiese auf. Das waren an dem Tag zwar nur 19km, aber mit dem zweithöchsten Pass auf dem TA hatten die es durchaus in sich.

Am nächsten Morgen ist es kalt…das Kondenswasser, das sich normalerweise innen und außen an den Zeltwänden niederschlägt ist gefroren und das Zelt ist ganz steif. Im Zelt habe ich immerhin noch zwei Grad Celsius und geschlafen habe ich gut, mit Daunenjacke unter dem Quilt war es ausreichend warm. Nur das Aufstehen fällt bei solchen Temperaturen äußerst schwer.

Nachdem das steifgefrorene Zelt eingepackt ist, stehen hundert Meter weiter schon wieder die ersten Querungen von Wasserläufen an…brrr ist das kalt!!! Nach diversen Crossings spüre ich meine Füße nicht mehr und frage mich ernsthaft, ob die Zehen auch schon bei knapp Null Grad absterben können…ich warte sehnsüchtig darauf, dass die Sonne über die Berge wandert und ins Tal hinein scheint, aber es dauert eine gute Stunde, bis es endlich soweit ist.

Aber dann ist sofort alles gut und schön. Ich bin wieder warm und der Weg verläuft im Grunde den ganzen Tag über die Wiesen im Flusstal. Das ist einerseits schön, weil es sich leicht läuft, andererseits tut mein Rücken ob der monotonen Belastung dann besonders weh…wenn ich einen steilen Anstieg hochlaufe, bewegt sich der Rücken mehr und schmerzt dann nicht ganz so doll.

Als die Querung des Ada-River ansteht, sind zum Glück auch Jo, Michi und eine andere Wanderin dort und wir gehen alle zusammen, untergehakt, hinüber. Das ist mir nach dem gestrigen Erlebnis auch das Liebste.

Ich laufe an dem Tag 39 km und einziges Highlight ist eine Hängebrücke, an der ich beim runtersteigen mit dem Bein hängen bleibe und mir einen langen, tiefen Kratzer einfahre…so kommt mein Erste-Hilfe-Set aber wenigstens auch mal zum Einsatz und mithilfe einiger Desinfektionstücher kann ich die Blutung dann auch irgendwann stoppen.

In der Nacht knabbern Mäuse ein Loch in meinen Essensbeutel – genau auf Höhe der Cashewkerne…aber sie lassen genügend übrig, ist also nicht so dramatisch.

Am nächsten Tag sind es noch knapp 15km bis nach Boyle Village, das fälschlicherweise so heißt, da es kein Ort ist, sondern im Grunde nur aus einem Outdoor Education Center besteht. Dieses bietet TA-Hikern aber eine Duschmöglichkeit, man kann sich Pakete hinschicken und übernachten könnte man auch. Ich will nur duschen und meine Geräte aufladen. Ich komme glücklicherweise um halb elf an, so dass mir die Dame noch die Dusche zeigen und das Geld abknöpfen kann, bevor sie in eine zweieinhalbstündige Mittagspause geht! Mir egal, ich genieße meine erste Dusche nach dreizehn Tagen!!! Ihr könnt euch nicht im Geringsten vorstellen, wie ich gestunken habe – zum Glück 😉

Danach sitze ich noch drei Stunden rum, esse Pizza, warte darauf, dass die Powerbank geladen wird und sehe Jo und Michi dabei zu, wie sie versuchen, das Essen für die nächsten zehn Tage aus dem 20kg-Paket gerecht auf die beiden Rucksäcke aufzuteilen. Sind amüsante Stunden 🙂

Ich mache mich noch am Nachmittag auf den Weg und beginne den nächsten Abschnitt, aber dazu dann später mehr.

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