Pelorus River Track – Richmond Alpine Track – St. Arnaud

04.02. – 10.02., 7 Tage, 137 km, Gesamtkilometer: 1.945 km

Hier auf der Südinsel bin ich wirklich weit ab vom Schuss…ich hatte jetzt zehn Tage lang keinen Handy- und Internetempfang. Also macht euch keine Sorgen, wenn ich mich nicht melde bin ich noch unterwegs. Wenn ich im Krankenhaus landen sollte, habe ich wenigstens Empfang und kann mich melden 😉

Leute, es ist so fantastisch! Einfach wundervoll und super schön! Die Südinsel Neuseelands ist genau das Natur- und Wanderparadies, das wahrscheinlich alle TA-Hiker erwartet haben. Nicht, dass das jetzt was Neues wäre…alle, die den TA schon gelaufen sind sagen, dass die Südinsel deutlich schöner als die Nordinsel ist und viele von ihnen raten sogar dazu, die Nordinsel komplett wegzulassen…und schon nach den ersten zwei Tracks auf der Südinsel könnte ich mich dieser Meinung durchaus anschließen. Aber von vorne…

Von Nelson muss ich ersteinmal wieder zum Start des TA an der Pelorus Bridge zurück. Ich nehme noch das magere, aber im Preis inbegriffene Frühstück im Hostel mit und schultere meinen super schweren Rucksack. Essen für neun Tage habe ich dabei! Und ich schleppe auch noch die alte Kamera mit, weil ich noch nicht ganz sicher sein kann, ob sie nach einer längeren Trockenzeit nicht vielleicht doch nochmal zum Leben erwacht. Aber dafür lässt sich der Rucksack eigentlich ganz gut tragen, die gepolsterten Schulterträger machen sich schon deutlich bemerkbar.

Ich laufe durch das ganze Stadtzentrum und stelle mich an den Highway. Nach zwanzig Minuten hat immer noch kein Auto angehalten und ich überlege schon, ob das an meiner Haarfarbe liegt und ich den Hut aufsetzen sollte…der Hut!!! Der hängt natürlich noch im Hof des Hostels in der Sonne…och nö…ich überlege eine Minute, ob ich auf ihn verzichten kann, aber ich brauche ihn als Sonnenschutz. Also schultere ich den Rucksack und laufe alles zurück…

Eine gute Stunde später stehe ich wieder am Highway und muss nochmal zwanzig Minuten warten, bevor endlich ein Auto anhält. Der junge Mann ist super nett, nimmt wohl jedes Jahr TA-Hiker mit und wundert sich, dass ich so lange warten musste.

Um halb zwölf stehe ich dann wieder an der Pelorus Bridge und laufe nach fünf Tagen endlich weiter auf dem TA.

Auf dem Pelorus River Track geht es 46 km immer entlang an dem gleichnamigen Fluss. Dieser ist total klar, man kann überall bis auf den Boden sehen und das Wasser lädt eigentlich zum Baden ein, aber tagsüber habe ich keine Lust dazu und abends bin ich meistens zu geschafft oder es ist schon zu spät zum Baden.

Pelorus River

Der Weg läuft sich super, ein schöner Waldweg, ohne Matsch und ohne stachelige Pflanzen am Rand. Das Wetter ist auch gut, also alles so, wie es sein soll. Ich komme gut voran, auch wenn es immer wieder steil bergauf geht. Am ersten Abend schlafe ich in einer kleinen Hütte, wo schon ein älteres Paar aus Nelson anwesend ist. Leider ist die Hütte voll mit Sandflies, fiese, kleine schwarze Fliegen, deren Weibchen sehr gerne menschliches Blut trinken und deren Stiche höllisch und tagelang jucken. Sie sind schon auf dem ganzen Weg eine absolute Plage und auf der Südinsel noch stärker vertreten als auf der Nordinsel.

Seht euch diese Wege an!

nicht ein Schlammtropfen…soooo schön 🙂

Die Nacht wird nicht so angenehm, weil ich mich zum Schutz vor den Sandflies zudecke, dann aber fast einen Hitzeschock bekomme. Also schlafe ich am Ende ohne Decke nur in kurzer Unterwäsche und hoffe einfach, dass die Mistviecher auch irgendwann mal schlafen… Hat auch ganz gut funktioniert.
Am nächsten Tag beende ich den Pelorus River Track schon, da ich am ersten Tag 22km geschafft habe und es dann nur noch 24 km waren. Und durch den gut zu laufenden Weg ist das kein Problem, auch mit dem schweren Rucksack nicht. Dabei geht es durchaus steil hoch und runter, aber es macht wirklich Spaß! Keine Spur von der Frustration auf den Tracks der Nordinsel…und ich bin noch nicht mal in den Bergen. Nachmittags komme ich durch ein Gebiet, das völlig zerstört aussieht…die Bäume sind größtenteils rausgerissen und liegen kreuz und quer auf dem Hang. Es sieht nach einer Baumlawine aus, die hier runter genommen ist… Ich möchte nicht hier anwesend sein, wenn so etwas passiert – da ist mir das sonnige Wetter heute deutlich lieber.

Baumchaos

Die nächste Nacht zelte ich neben der Hütte, weil auch dort wieder Sandflies hausen und es ist richtig toll, im eigenen Zelt zu schlafen – nicht so warm, keine Sandflies, keine schnarchenden Leute und ich muss auch keine Rücksicht nehmen, wenn ich früh aufstehe.
Und dann beginnt der erste richtig alpine Track für mich – wenn man das eintägige Tongariro Crossing und die Round the Mountain Tour mal nicht mitzählt.

Gleich am ersten Tag geht es auf 6 Kilometern überwiegend steil berghoch zum Mount Starveall. Ich kann schon nach zwei Kilometern durch die Bäume hindurch den Gipfel sehen, auf den ich zusteuere…

Da geht es heute noch hoch!

Und bekomme ganz schön Respekt. Aber was soll ich sagen, es ist natürlich anstrengend, aber sooooo schön! Über der Baumgrenze wird die Aussicht immer besser und am Liebsten würde ich ständig anhalten und Fotos machen oder einfach nur dastehen und den Anblick genießen. Es ist überwältigend, ich kann soweit sehen…unten die Ministädte und das Meer und drumherum die grünen oder grauen Gipfel der Richmond Ranges…

Richmond Ranges

windzerzaust auf dem Mt. Starveall

Das letzte Stück zum Gipfel muss man klettern und es ist relativ windig, aber irgendwann bin ich oben und glücklich.
Und das Beste – ich muss nicht gleich wieder absteigen, sondern es geht über einen Sattel zum nächsten Gipfel. Also nur ein Stück runter, bis unter die Baumgrenze und durch einen wunderschönen Wald. Die dünnen Bäume stehen ganz ruhig und fast in Reih und Glied da, es gibt viel Moos und einen weichen Waldboden, und das hier oben auf über 1.000m Höhe…ich bin begeistert und einfach nur zufrieden und glücklich. Aber es wird noch besser…kurz vor dem nächsten Gipfel mache ich an der nächsten Hütte Mittagspause und dann geht es auf den Slaty Peak. Und dort immer auf dem Kamm entlang. Diese Aussichten – fantastisch!!! Es ist zwar teilweise bewölkt, aber oft überwiegt der blaue Himmel und die Schattenspiele der Wolken auf den umliegenden Bergen sehen toll aus. Leute, ich bin sooo glücklich. Jetzt verstehe ich die Menschen, die sagen, wandern ist nur in den Bergen schön…das ist meine erste alpine Wanderung und ich hatte vorher ganz schön Bammel vor den An- und Abstiegen, aber es ist viel einfacher hier in den Bergen 1.000 Höhenmeter an einem Tag zu überwinden, als in einem Wald auf der Nordinsel 500 Höhenmeter im Schlamm hoch- oder runterzustapfen. Und hier wird man auch noch mit diesen tollen Ausblicken belohnt.

die beiden Mount Rintouls

Bis zur nächsten Hütte, wo ich übernachten will, geht es dann zwar nochmal steil runter und wieder hoch und ein ganzes Stück auf dem Kamm entlang, bevor es nochmal zwanzig Minuten und 200 Höhenmeter hinab geht, aber dann habe ich es geschafft – auch noch rechtzeitig vor dem Regen, der Abends einsetzt, es hat sich dann doch noch zugezogen und ist ungemütlich geworden. Dafür habe ich die Old Man Hut ganz für mich alleine 🙂 und ich kann sagen, dass das der schönste Tag bisher auf dem TA für mich war.

Old Man Hut

ganz für mich alleine

Am nächsten Morgen hat es zwar aufgehört zu regnen, aber es ist komplett bewölkt…hm…ich will aber wieder diese tollen Aussichten haben! Zumal es jetzt über den kleinen und großen Mount Rintoul gehen soll, die höchsten Berge auf diesem Track. Also drehe ich mich um und schlafe noch etwas weiter…vielleicht lockert es ja zum Mittag hin auf, dann kann ich immer noch losgehen, bis zur nächsten Hütte sind es nur fünf Kilometer.
Es lockert natürlich nicht auf…am frühen Nachmittag fängt es dann wieder an zu regnen und ich verbringe den gesamten Tag in der Hütte, Essen habe ich jedenfalls genug dabei, da muss ich keine Sorgen haben. Nachmittags kommen noch zwei nasse Italiener, ein Tscheche und zwei Kiwis an und ich feuer den Kamin an, damit sie ihre Sachen trocknen können. Die Kiwis sind aus Havelock und er arbeitet seit 30 Jahren beim DOC und hat entsprechend viele interessante Geschichten zu erzählen.

Abends lockert es sogar kurz auf und ein kleines Fitzelchen blauer Himmel taucht auf – wir freuen uns wie kleine Kinder und hoffen, dass es morgen wieder besser wird.

Wird es aber nicht…die Wolken scheinen noch etwas tiefer zu hängen und es ist feucht durch den Regen in der Nacht. Ich weiß nicht, was ich tun soll…jetzt habe ich extra einen Tag gewartet, aber es ist immer noch bewölkt, obwohl alle Vorhersagen nur von einem schlechten Tag gesprochen haben. Wenn ich jetzt losgehe, hätte ich auch gestern schon gehen können, aber einen ganzen zweiten Tag will ich hier auch nicht rumhängen. Wenn man nichts weiter zu tun hat, kann so ein Tag auf der Hütte ganz schön lang werden.

Ich frühstücke in Ruhe und packe alles zusammen, bleibe dann aber auf meinem Bett sitzen und sehe den anderen beim Packen zu. Die beiden Kiwis starten als erste, die Italiener wollen eigentlich auch endlich ein paar Ausblicke haben, laufen irgendwann aber auch los und um neun Uhr mache ich mich dann auch auf den Weg. Vielleicht lockert es im Laufe des Tages ja doch noch auf und dann bin ich wenigstens schon oben auf den Gipfeln.

Es lockert zunächst nicht auf und nachdem der erste steile Anstieg durch die Bäume geschafft und die Baumgrenze erreicht ist, wird es richtig kalt und windig…dafür macht der Aufstieg mal wieder Spaß, es geht über große Felsbrocken und das ist leichter, als einen Pfad hochzusteigen und bringt mehr Spaß 🙂

Sehen tue ich natürlich nichts – sowohl von den umliegenden Bergen nicht, als auch die nächsten Pfähle nicht, die den Weg markieren…die Tropfen der Wolken schlagen sich als Eiskristalle an meiner Hose nieder und meine Hände sind durchaus kalt…eiskalt.

Greg und Jenny als Wegweiser…

Insofern bin ich ganz dankbar dafür, als die beiden Kiwis kurz vor mir auftauchen und ich so einigermaßen den Weg finden kann, einige Steinmännchen helfen auch, da die Pfähle trotz orangener Leuchtmarkierung nicht rechtzeitig zu sehen sind.
Schneller als gedacht erreichen wir den Gipfel des kleinen Mount Rintoul…das ging ja. Jetzt kommt der Abstieg, den ich gar nicht mag. Am Liebsten würde ich den ganzen Tag nur hochlaufen und mich da dann abholen lassen – aber so geht es wahrscheinlich den Meisten.

Es geht sehr steil runter und dieses Mal sind die Steine nicht so groß und instabiler. Einmal will ich quer über einen Steinhaufen auf den Trampelpfad zurück. Als ich den Fuß aufsetze, rutscht nicht nur der Stein auf dem ich stehe, sondern der gesamte Hang langsam ab…ich beeile mich auf die andere Seite zu springen und die kleine Steinlawine rollt noch ein paar Zentimeter weiter nach unten, bevor sie zum Stehen kommt…hmmm…

Kurz danach kommt eine Stelle, an der es so steil hinunter geht, dass ich rücklings runterklettern muss. Ich hänge wie ein Kletteräffchen (mit großem Rucksack) an den Felsen und versuche, ohne dass ich sehe wo ich hintreten muss, die Felsen hinunterzukommen…hmmm…

Danach beginnt aber irgendwann endlich der nächste Anstieg und es geht auf den (großen) Mount Rintoul. Auch hier keine Sicht, Eisregen und trotzdem einigermaßen Spaß dabei. Und auch hier kommt der Gipfel einigermaßen überraschend und viel zu früh – ich will noch nicht wieder runter laufen müssen 😦

Oben gibt es sogar Handyempfang und ich kann meinen Eltern noch eine kurze Mail schicken, bevor sie sich in den Urlaub verabschieden – immerhin befinden wir uns in den nächsten Wochen wieder auf derselben Erdhalbkugel 😉

Greg und Jenny, die beiden Kiwis, sind auch auf dem Gipfel und ich bekomme einige selbst gemachte Kekse mit Erdnussbutter, bevor es an den Abstieg geht. Und der macht sogar richtig Spaß! Es gibt einen sandigen Weg, der so lose ist, dass man richtig runterrutschen kann. Das geht auch viel schneller und so bin ich bald wieder unter der Baumgrenze und kann bis zur nächsten Hütte laufen. Als ich dort ankomme, klart es über dem nächsten Gipfel tatsächlich auf und ein paar Ecken blauer Himmel sind zu sehen. Da das nächste Stück sowieso fast nur unter der Baumgrenze verläuft, entschließe ich mich weiterzugehen und das ist die richtige Entscheidung, es wird nämlich zunehmend besseres Wetter und auf dem nächsten Gipfel sehe ich endlich wieder die Umgebung – so schön!!!

Und die Hütte, in der ich übernachten werde liegt auch noch an einem kleinen See, total malerisch.

Am nächsten Tag laufe ich ziemlich weit, immerhin 24km und da sind der Auf- und Abstieg auf einen 1.374 m hohen Sattel und den Mount Ellis mit dabei! Das Höhenprofil in meiner App ist einfach wahnwitzig…man muss mehrmals nach oben scrollen um bis zum höchsten Punkt zu gelangen und dann wieder weit nach unten, weil es heute mehr als 1.000 Höhenmeter nach unten geht! Aber die Aussichten sind mal wieder fantastisch, das Wetter ist super, richtiges Kaiserwetter 🙂 Der Aufstieg ist anstrengend, aber als wir auf dem ersten Sattel ankommen, stehen wir alle nur überwältigt da und sind sprachlos. „Das ist es, weshalb wir hier sind“ findet eine Hikerin dann doch die richtigen Worte. Ich kann nur zustimmen und frage mich wiederholt, warum ich eigentlich die Nordinsel gelaufen bin, hier ist das wahre Wanderparadies, in den Bergen auf der Südinsel!

Gleichgewichtsübungen auf 1.200 Meter

Ich brauche noch einen weiteren Tag um in dem kleinen Örtchen St. Arnaud anzukommen. Dort gibt es nicht viel mehr als eine Tankstelle mit Café und Shop, einem Imbiss und ein paar Unterkünften. Leider verliere ich auf den 11 km Straße bis zum Ort meinen Pinguin, den ich ganz schön vermisse 😦

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