26.01., 0 km
Ich bin am Vorabend noch mit der Fähre von Wellington nach Picton gefahren. Die Überfahrt dauert ca. dreieinhalb Stunden und ich habe die meiste Zeit die Augen zu gehabt oder war auf Deck und habe angestrengt auf den Horizont geguckt, um nicht seekrank zu werden.

Fähre von Wellington nach Picton
Um 20:30 Uhr war ich dann in Picton und da ich gerade drei Nächte Hostel in Wellington bezahlt habe, hatte ich keine Lust, schon wieder Geld auszugeben und habe mir einen kostenlosen Zeltplatz gesucht. Das ist natürlich auch in einer relativ kleinen Stadt wie Picton (4.500 Einwohner) nicht ganz so einfach, aber am Ende habe ich den perfekten Zeltplatz gefunden – auf dem Friedhofsgelände. Natürlich nicht direkt bei den Gräbern, sondern hinter einer ungenutzten Wiese, da war zwischen den Bäumen eine freie, ebene Fläche, auf die genau mein Zelt gepasst hat – perfekt eben. Es war schon dunkel, als ich das Zelt aufgebaut habe und in diese Ecke sollte sich sowieso niemand verirren.

der perfekte Zeltplatz 🙂

unsichtbar und schön eben
Da mein linkes Fußgelenk während der drei Tage in Wellington immer mehr weh getan hat und ich jetzt so einen wunderschönen, kostenfreien Zeltplatz hatte, entschied ich mich für einen weiteren Ruhetag…der Aufenthalt in Wellington hat mich ein bisschen aus dem Wanderrhythmus gebracht und ich hatte noch keine rechte Lust, wieder weiterzulaufen…einfach den Tag in der Stadt vertrödeln war auch ein angenehmer Urlaubsstil 😉
Also habe ich erstmal ausgeschlafen – und dieses mal wirklich. Bis zehn Uhr habe ich mich immer wieder umgedreht und weitergeschlafen, es war so schön trocken und gemütlich. Während ich dann im Zelt gefrühstückt habe, höre ich ein Motorengeräusch, das sich in der Nähe befindet und scheinbar immer näher kommt. Ich krabbel aus dem Zelt und luge zwischen den Bäumen hindurch…der Gärtner auf einem Rasenmäher – och nö, muss der ausgerechnet heute den Rasen auf dem Friedhof mähen?!?! Menno…er sieht mein Zelt natürlich, schaltet den Motor ab und kommt auf mich zu. Ich könne hier nicht zelten meint er…wo ich denn auf Toilette gehe…ich beantwortet die Frage nicht und schaue nur schuldbewusst und versichere, dass ich das Zelt abbauen werde. Kurz darauf setzt er sich wieder auf den Rasenmäher und ich fange an, alles einzupacken und das Zelt abzubauen…schade, aber dann komme ich eben Abends wieder und baue das Zelt nochmal auf. Der Gärtner kommt nochmal nachsehen, ob ich wirklich abbaue und nun ist ihm ein weiterer Grund eingefallen, warum ich nicht hier im Gebüsch zelten darf…aus Respekt vor den Toten…aha…ich laufe in die Stadt, bzw. humpel ich eher und setze mich am Hafen in die Sonne. Es ist heute bestes Sommerwetter und ich freue mich, dass ich hier den freien Tag genießen kann.
Und viel mehr tue ich an dem Tag dann auch nicht mehr. Einfach nur in der Sonne sitzen, Mails schreiben, Blog schreiben, Essen 🙂

Als ich gerade von einer Bank auf die Wiese wechseln will, stellt sich mir jemand in den Weg – Poppy! Wo kommt sie denn auf einmal her? Sie war doch schon viel weiter auf dem Trail, weil sie den letzten Teil auf der Nordinsel übersprungen hat…es stellt sich heraus, dass sie von Boyle in die nächste Stadt trampen wollte und eine Dame angeboten hat, mit nach Picton zu kommen wo sie wohnt, dort zu duschen und zu übernachten und am nächsten Tag würde sie sie wieder zurückfahren. Das haben Poppy und ihre Freundin natürlich gerne angenommen, war immerhin die erste Dusche nach 12 Tagen. Also liegen wir den restlichen Nachmittag gemeinsam in der Sonne und Poppy erzählt von dem abenteuerlichen Weg über die Richmond Ranges, für welchen sie elf, anstatt neun Tage gebraucht haben, weil sie zwei Tage aufgrund zu stark angeschwollener Flüsse nicht weitergekommen sind. Am Ende hatten sie nichts mehr zu Essen und einen Knochen in der Hand hat sie sich auch gebrochen…das waren ja tolle Aussichten. Die Richmond Ranges sind die zweite Etappe auf der Südinsel nach dem Queen Charlotte Track. Wobei ich die leise Hoffnung hege, dass sich die Wegeverhältnisse wieder etwas bessern, wenn das Wetter (hoffentlich) gut bleibt. Deswegen bin ich auch gar nicht so traurig über mein langsames Tempo.

Waterfront Picton
Abends laufe ich dann zum Friedhof zurück und baue mein Zelt wieder auf, der Gärtner hat natürlich schon lange Feierabend und es kommt auch niemand anderes vorbei.





