Wanganui – Bulls – Fielding – Palmerston North – Levin

08. – 12.01., 5 Tage, 165 km

Nach der wunderschönen Kanutour und dem entspannten Ruhetag steht jetzt ein berühmt-berüchtigter Teil des TA an – die Strecke von Wanganui nach Palmerston North ist berühmt für ihre Unattraktivität…100 km Straße, nur unterbrochen von 15 km Strand bzw Forststraße. Wer bis hierhin noch nie gehitcht ist, fängt höchstwahrscheinlich hier an, andere Hiker mieten sich Fahrräder und bewältigen die Strecke so, und nur der harte Kern läuft brav zu Fuß die ganze Strecke an der Straße entlang.

Zu welcher Gattung ich gehöre dürfte den meisten Lesern klar sein…also stapfe ich morgens schwer bepackt los. Ich habe dieses Mal essenstechnisch ein paar neue Sachen ausprobiert, zum Beispiel Kuchen anstelle von Schokolade. Das führt aber zum einen dazu, dass der Rucksack extrem schwer ist und zum anderen habe ich das größere Packmaß nicht bedacht und kann den Rucksack gar nicht richtig schließen, weil er so voll ist…nun gut, da muss ich dann wohl durch. Eine Tüte mit einem Kilo Paprikaschoten, die gerade im Angebot waren, hänge ich außen an den Rucksack.

Die Strecke ist tatsächlich unattraktiv, die Straße ist stark befahren und der Seitenstreifen ist entweder gar nicht vorhanden oder nur sehr schlecht begehbar, weil komplett zugewachsen.

Meine Schultern und mein Rücken tun weh und ich versuche mich mit Podcasts abzulenken. Das einzig gute an den Straßenabschnitten ist, dass man schnell vorwärts kommt und gut Strecke machen kann, ich laufe die 100km nach Palmerston North immerhin in drei Tagen…

Einzig hervorzuheben aus diesem Teil ist der wunderschöne Sonnenuntergang am Strand von Koitiata, wo es übrigens auch einen super tollen Campingplatz gab, der voll ausgestattet war und deren Betreiber uns TA-Hiker kostenlos hat übernachten lassen, weil er der Meinung ist, wer diesen Weg läuft, hat vollste Unterstützung verdient…

Sonnenuntergang am Koitiata Beach

Auch am nächsten Tag dürfen wir auf einem Zeltplatz kostenlos übernachten. Am dritten Tag komme ich durch Fielding, die schönste Stadt Neuseelands. Zumindest wurde sie schon 14 Mal zu dieser gewählt, da muss also etwas dran sein und tatsächlich ist sie schön, selbst bei dem schlechten Regenwetter, welches an diesem Tag herrscht. Es gibt breite Straßen, mit Blumenrabatten bepflanzt und die alten Gebäude sind weitestgehend restauriert.

Fielding

Clocktower in Fielding

In Palmerston North laufe ich durch die Innenstadt, weil ich nochmal zur Post muss und halte mich dann aber nicht weiter auf sondern laufe noch vier Kilometer weiter, bevor ich auf einem Maisfeld mein Lager in einer Heuscheune aufschlage. Die Scheune ist soweit leer und der Boden mit einer Schicht Heu bedeckt – perfekt für ein weiches Lager.

trockenes und weiches Nachtlager

Ich rechne eigentlich nachts mit dem Besuch von Mäusen oder ähnlichem, aber nichts…ich kann unbehelligt schlafen.
Dann stehen endlich wieder Wanderwege an – zunächst geht es gemütlich im Kahuterawa-Gebiet einen Mountainbike-Trail entlang, der entsprechend gut zu laufen ist, dann geht es einige Forststraßen durch ein Gebiet, wo der Wald gerade abgeholzt wird bzw. teilweise schon wieder neue Bäume gepflanzt wurden.

Baumnachwuchs

Danach beginnt der Burttons Track, dessen Namensgeber hauptsächlich durch seinen tragischen Tod berühmt wurde. James Burtton hat 31 Jahre alleine auf seiner Farm gewohnt und u.a. den Track angelegt, um zur nächsten Straße zu gelangen. 1941 ist die Hängebrücke, die er selbst gebaut hatte, eingestürzt, als er rüberlief. Er stürzte 8 Meter tief auf die Felsen im Fluss. Mit gebrochenem Bein und diversen inneren Verletzungen schaffte er es, sich in 12 Stunden bis zu den nächsten Nachbarn zu schleppen und kam ins Krankenhaus, verstarb aber an seinen Verletzungen.
Vor dem Start des Tracks gibt es eine Zauntreppe, die man überwinden muss. Als ich auf die andere Seite schaue habe ich schon wieder keine Lust mehr…am Liebsten würde ich umdrehen und die Straßen zurücklaufen…

Treue Leser dieses Blogs ahnen, welche Beschaffenheit der Weg hinter dem Zaun aufweist. Zwei Tipps, es ist ein Waldweg und er liegt in Neuseeland…

Burttons Track I

Burttons Track II

Eine Stunde schlittere ich bergab auf der mit Wasser gesättigten Erde. Dann kommt endlich der Fluss, wo ich meine Wasservorräte auffüllen kann. Danach will ich bei der nächsten Gelegenheit zelten, aber durch fehlende Gelegenheiten muss ich doch noch zwei Stunden weiter laufen und kann dann aber auf der Lichtung übernachten, auf der die Hütte von James Burtton gestanden hat.

Whare Site, Burttons Track

Durch den langen Tag sind es jetzt nur noch knapp 30 Kilometer bis zum Ende des nächsten Tracks und bis zum Outdoor Pursuit Center nahe Levin, wo man als TA-Hiker kostenlos unternommen kann. Eigentlich wollte ich mir drei Tage für die Strecke Zeit nehmen, aber nun kann ich es in zwei Tagen schaffen. Auch der Mangahao-Makahika Track zeichnet sich durch stark mit Wasser übersättigte Waldwege aus, wobei ich zugeben muss, dass es auch Streckenabschnitte gibt, die ganz gut zu laufen sind.
Und so langsam komme ich dahinter, warum die Wege alle so schlammig und matschig sind…der ursprüngliche Wald wurde Anfang des 20. Jahrhunderts abgeholzt. Jetzt sind zwar wieder Bäume nachgewachsen, aber das sind nicht mehr die ursprünglichen, stark verwurzelten, großen Bäume, sondern viele Palmen und andere kleine, schnellwachsende Bäume.

Und die schaffen es offensichtlich nicht, genügend Wurzeln auszubilden, um die ganzen Niederschläge aufzunehmen. Als ich nämlich durch einen Abschnitt komme, wo noch die alten Bäume stehen, laufe ich plötzlich auf einem wunderbaren, weichen, trockenen Waldweg, der mit Wurzeln durchzogen und einer dicken Schicht Nadeln bedeckt ist – wie man sich das eben so vorstellt im Wald.

alte, kräftige Bäume

Heute ist es schon den ganzen Tag stark bewölkt und hier im Wald richtig dunkel…teilweise bin ich kurz davor die Lampe rauszuholen, weil der Weg wirklich schlecht zu erkennen ist. Und windig ist es. Die Baumkronen rauschen und die Äste ächzen und knarzen. Hoffentlich halten sie wenigstens noch so lange, bis ich vorbeigegangen bin.
Zwei Aussichtspunkte gibt es heute auch…

bei gutem Wetter kann man von hier die Südinsel sehen!

…wenn ich mich richtig erinnere habe ich bis dato noch keinen Aussichtspunkt auf dem TA erlebt, bei dem ich wirklich was gesehen hätte. Ich wollte bei dem ersten eigentlich Mittagspause machen, es war aber so windig, dass ich lieber weitergegangen bin und erst nach dem Abstieg unter am Fluss Pause gemacht habe. Dort fing es dann auch an zu regnen…pitschnass bin ich noch die letzten Kilometer durch den Wald, den Fluss (er musste mehr als 15 mal durchquert werden) und einige Wiesen gewandert und war heilfroh, dass heute eine trockene Unterkunft auf mich wartet.

Um 18:50 Uhr komme ich an dem Adventure Center an, wo mich eine super freundliche Frau empfängt und alles erklärt. Die Lodge ist etwas weiter hinten auf dem Grundstück, dort sind schon 16 andere Hiker vor Ort. Essen hat sie schon gekocht und rübergegeben, so dass sie nicht weiß, ob noch was übrig ist, aber heiße Duschen und eine Matratze zum Schlafen sind da.

Ich bedanke mich überglücklich und gehe zur Lodge. Als ich dort tropfend und etwas orientierungslos in der großen Halle stehe, kommt mir Yasmin entgegen und wir tauschen uns über die letzten Tage und die nächsten Pläne aus. Ich erfahre, dass um 19:00 Uhr ein Großraumtaxi in die Stadt fährt und entscheide spontan, mitzufahren um den Resupply für die nächste Etappe vorzunehmen. Da ich morgen auf jeden Fall einen Zeroday machen will, passt das ganz gut, dann habe ich genug zu Essen da und muss mich morgen nicht um eine Mitfahrgelegenheit kümmern.

Gesagt, getan. Noch in meinen nassen Klamotten hüpfe ich zusammen mit neun anderen Hikern in das Taxi. Es ist weiter nach Levin als ich dachte, wir sind bestimmt 20 Minuten unterwegs. Da wir alle zusammen zurückfahren habe ich nur eine Stunde für den Einkauf, was eine echte Herausforderung darstellt…normalerweise brauche ich deutlich länger um mich zu entscheiden, was ich alles kaufe und was nicht. Aber es gelingt und vollbepackt fahren wir wieder zurück.

Die anderen gucken gerade Top Gun, ich koche mir aber erstmal Nudeln und gehe dann endlich duschen. Dann steht der neue Star Wars Film auf dem Programm, den ich noch nicht kannte und erst gegen Null Uhr legen wir uns schlafen. Mir ist es ja egal, ich kann morgen ausschlafen, die meisten anderen wollen morgen eigentlich weiterwandern, mal sehen wie viele es wirklich tun.

wenn Kühe Verstecken spielen 🙂

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